Vier Spielweisen der Swing Hi-Hat – Jazz, Blues und R&B

„Die Hi-Hat ist ein Teil eines Schlagzeugs und ermöglicht dem Schlagzeuger das Aneinanderschlagen von Becken in der Art der Paarbecken ohne Einsatz der Hände.“ (1)

Alles klar. Aber was ist eine Swing Hi-Hat und passt sie nur in die Musikrichtung Swing?

In einem älteren Beitrag wurde die Spielweise bereits beschrieben. Meist wird diese Art der Sound-Gestaltung des Schlagzeugs mit den Big Bands der 40er Jahre in Verbindung gebracht. Insbesondere mit dem Hit In The Mood von Glenn Miller in dem die Swing Hi-Hat zum Erkennungszeichen des Songs wurde.

Zur Erinnerung: „In the traditional swing hi-hat pattern, beats 1 and 3 are open – but the cymbals are still touching – and beats 2 and 4 are played with the cymbals closed. The closed sound can be achieved with your left foot or by using your left hand to mute the cymbals. The “let” of 2 and 4 are played with the cymbals held between open and closed. The complete swing pattern leads to the strong beats of 1 and 3.“ (2)
Der kleine Unterschied mit großer Wirkung: In der R&B Variante wird der Back-Beat (die Zwei und die Vier) nicht auf der Hi-Hat mit dem Stick gespielt. Es bleibt bei dem „Klick“ des Schließens der Hi-Hat mit dem Fuß auf der Zwei und der Vier. So ensteht viel Luft für den Back-Beat auf der Snare.
Beispiel Swing Hi-Hat ohne Back-Beat auf der Hi-Hat

R&B Variante der Swing Hi-Hat

Die Spielweise der Swing Hi-Hat geriet mit dem Sterben der Big Bands (Ende der 40er Jahre) in Musikproduktionen der nachfolgenden Jahrzehnte nicht in Vergessenheit. Die Swing Hi-Hat blieb über den Jump Blues bis weit in die 60er Jahre im frühen R&B, dem Rock ’n‘ Roll sowie auch in den Soul-Produktionen hörbar.

Im Unterschied zur Musikrichtung Swing, wird die Hi-Hat hier „zickiger“ und im Two-Beat Gefühl gespielt.

  • 1946 nahm Arthur „Big Boy“ Crudup den Song That’s All Right auf. Der Drummer begleitete den Song überwiegend auf der Hi-Hat, mit der er die Swing Hi-Hat Spieltechnik verband. Heute gilt der Song in zahlreichen Fachbeiträgen als die erste Rock ’n‘ Roll Aufnahme. (3) Der Song machte zehn Jahre später Elvis Presley berühmt
  • 1954 spielte Drummer Jesse Sailes eine Swing Hi-Hat in dem „Gangsta-Swing“ Riot In Cell Block #9 in der brachialen Version der Doo-Wop-Band The Robins
  • 1964 nahm Soul-Sänger Solomon Burke den Song Everybody Needs Somebody To Love auf und auch hier war die Swing Hi-Hat mit im Spiel
Charlie Watts brachte eine ähnliche Spielweise in die Musik der Rolling Stones ein und man kann sagen, dass die fehlenden Back-Beats des Sticks auf der Hi-Hat eines der „Markenzeichen“ von Charlie Watts wurden.

Shuffle Blues Variante der Swing Hi-Hat

Die Swing Hi-Hat Technik lässt sich nicht nur in die Swing-Schlagfolge (das Swing Pattern) integrieren. Einen vitalen Drive entwickelt die Swing Hi-Hat im moderaten Tempo eines Shuffle Blues. Auch in dieser Variante wird der Back-Beat auf den Becken nicht gespielt.

Besonders energisch wirkt diese Shuffle-Spielweise, wenn die Back Beats auf der Snare deutlich betont werden und die Bassdrum auf allen Vierteln gespielt wird.

Vorteile der Spielweise

Wo meist das Ride-Becken in triolischen Grooves strapaziert wird und der Beat in einem „Grundrauschen“ des meist lauten Ride-Beckens unpräzise zu werden droht, kann die Swing-Hi-Hat dem Groove das federnde Gefühl (bouncy feel) verleihen.

Die R&B Variante mit der hervorgehobenen Snare-Drum, erreicht durch das Weglassen des Stick-Anschlags der Hi-Hat auf der Zwei und der Vier, gibt dem Groove zusätzlich Tiefe durch Klang-Minimierung.

Ebenso verhält es sich mit dem hier vorgestellten Shuffle Blues: Die Back-Beats werden auf den Hi-Hat Becken weggelassen. Dabei wird die Bass-Drum auf allen vier Vierteln gespielt, was dem Groove einen vitalen R&B Einschlag verleiht.

Herausforderung Minimalismus

Meist wird danach gesucht möglichst viele technische Feinheiten – mit zahlreichen 16tel Schlägen – einem Groove hinzuzufügen. Weglassen von Gewohntem und lange zuvor Erlernten ist zunächst eine Anstrengung.

Zudem: Arme und Beine streben zur Gleichzeitigkeit einer Bewegung. Wenn über viele Jahre der Back-Beat auf der Hi-Hat wie selbstverständlich (mit) gespielt wurde, fällt es zunächst schwer ihn mit Gefühl „pausieren“ zu lassen und allein die Snare auf der Zwei und der Vier im 4/4tel Takt zu spielen.

Ich wünsche Spaß und Ideen zum Einsatz der Swing Hi-Hat. So ein Ding kann einem Groove ganz schön Dampf mitgeben.

Christian W. Eggers – 15. Oktober 2023 – christian@stompology.org – (Letzte Aktualisierung dieses Artikels am 21. Oktober 2023)

Bildnachweis

Charlie Watts: Titel des Bildes/Datei: Charlie Watts on drums The ABC & D of Boogie Woogie (2010).jpg; Original Bildunterschrift: Charlie Watts drums for his second band besides The Rolling Stones, The ABC&D of Boogie Woogie, in the Casino in Herisau, Switzerland on January 13th, 2010. Quelle: Poiseon Bild & Text (press photo by a photographer of the consulting company Poiseon AG in St. Gallen, Switzerland) Ursprungsquelle: https://www.flickr.com/photos/39023078@N07/4274215482 via wikimedia; Autor: Poiseon Bild & Text, Lizenz via wikimedia: Creative Commons Attribution 2.0

Quellen und Anmerkungen

  • (1) https://de.wikipedia.org/wiki/Hi-Hat
  • (2) Focus on the Hi-Hat: The Classic Swing Sound (VIDEO); Fidyk, Steve; Modern Drummer; 31st Jan 2012
  • (3) Trotz unterschiedlicher Einschätzungen und Behauptungen der Musikhistoriker und Musikhistorikerinnen über den Zeitpunkt und Produzenten der „ersten Rock ’n‘ Roll Aufnahme“ besteht Einigkeit darüber, dass mit dem Song ein neuer Akzent in den Blues jenseits der Boogie-Spielweise gelangte.

Sounddemo – Digitale Aufnahme mit Röhren-Tonbandgerät mastern

Meist geht es so herum: Jemand möchte seine alten Tonbandaufnahmen digitalisiert haben. Es geht natürlich auch anders herum: Eine digitale Musikproduktion soll weniger steril klingen und man nutzt zur Endbearbeitung (zum Mastern) ein Röhrentonbandgerät aus den 50er Jahren.

Mini-Studio mit viel veralteter aber robuster Technik

Was kann man sich davon versprechen?

Toningenieur Michael Krusch hat es so auf den Punkt gebracht. Ohne dabei die leidige Diskussion um das Was-ist-besser zu entfachen: „Ähnlich wie die Renaissance der Plattenspieler und des Vinyls scheinen die Unzulänglichkeiten der Röhren und der Übertrager etwas zum Klang hinzuzugeben, was dem Ohr gefällt.“ (1)

Ideal ist es natürlich von Anfang an alles gleich mit Röhrentechnik aufzunehmen. Ganz ohne Computer. Aber welcher Hobby-Tüftler und Mucker hat dafür die Ausrüstung? Richtige Röhren-Mischpulte und Studio-Bandmaschinen der 50er Jahre sind platzraubend und teuer.

Außerdem benötigt man wohl mindestens einen angestellten Tontechniker in Vollzeit, damit die Kisten am Laufen bleiben.

Kleines Amateur-Mischpult mit dem mittels dreier Mikrofone das Schlagzeug für die nachfolgenden Sound-Beispiele abgenommen und dann über ein Audio-Interface mit dem Computer aufgenommen wurde.

Hier möchte ich demonstrieren, wie man dennoch ein wenig „Vintage-Sound“ mit einer einfachen und restaurierten Röhren-Tonbandmaschine in seine Computer-Musikproduktion zaubern kann.

Klar, es rauscht, wo vorher Stille war (hat das Rauschen eigentlich schon mal einen Hit verhindert?). Und überhaupt können weniger an den Klang einer Röhrengerät-Aufnahme gewohnte Hörer und Hörerinnen denken, dass die Audio-Funktion ihrer Computer irreparabel defekt ist.

Aber hört selbst!

Sounddemos mit Schlagzeug, Bass und E-Gitarre

Digital aufgezeichnete Schlagzeugspur

Audio der digitalen Schlagzeug-Aufnahme

Die auf das Röhren-Bandgerät überspielte digitale Aufnahme. Visualisiert nach erneuter Digitalisierung zur Publikation
Dazu hier das „Röhren“-Audio der mit dem Bandgerät aufgezeichneten digitalen Schlagzeug-Aufnahme
Digitaler Mix-Down der Spuren Schlagzeug, Bass und Klampfe
Und hier die Wiedergabe des Röhren-Tonbandgerätes nach der Überspielung der digitalen Aufnahme der „Band“

Man mag es oder man mag es nicht. Ich denke, es geht noch viel besser „Vintage“ mit der alten Technik hinzubekommen. Irgendwann, wenn ich im Lotto gewonnen habe und noch genug Lebenszeit zum Experimentieren da ist.

Mein eigenes Fazit lautet: Es rauscht und rumpelt, macht Krach und Schmutz. It’s Only Rock ‚N‘ Roll (But I Like It).

Ich freue mich über Anmerkungen, Ideen und Fragen.

Christian W. Eggers – 4. Oktober 2023 – christian@stompology.org (Letzte Aktualisierung dieses Artikels am 4. Oktober 2023)

Zitat (1): amazona https://www.amazona.de/alles-rund-um-roehrensound-fuer-musiker-und-tonstudios/

Dancing In The Street –

Martha And The Vandellas

Der Kurator des Museums der Rock and Roll Hall of Fame in Cleveland (Ohio) erstellte eine umstrittene,  “ungeordnete Liste von 500 Liedern, die den Rock and Roll geprägt haben, genannt 500 Songs That Shaped Rock and Roll.“ (1) 

Benannt ist auch der Song Dancing in the Street von Martha & the Vandellas aus dem Jahr 1964. Welche Kriterien zu einem den Rock ’n‘ Roll prägenden Song beitragen, liegt im Dunkeln. Und überhaupt haben Rankings die Eigenschaft der Ignoranz gegenüber weniger populären Werken.

Berry Gordy, der strenge Titan der Titanen der Musikproduzenten, veröffentlichte den Titel unter dem Label Gordy Records

Wenn schon Listen angelegt werden, dann ist der Song Dancing in the Street eine gute Wahl für die Aufzählung von musikalischen Meilensteinen. Auch wenn der Song eher in die Kategorie Motown zu passen scheint. Ist es abwegig, wenn man den Song als einen Vorläufer des Disco-Soul der 70er Jahre betrachtet?

Was ist zu hören und dabei zu fühlen? Die euphorische Energie dieses im Wesen auf zwei Akkorden beruhenden Songs reißt einen augenblicklich vom gemütlichen Sofa hoch und man muss mitklatschen, tanzen, die Füße auf dem Boden stampfen und andere verrückte Dinge tun.

Den Song kannst Du hier auf YouTube anhören.

Der energetischste Backbeat der frühen 60er Jahre

Zu dem ansteckenden Drive tragen besonders der Bass und das Schlagzeug bei. Vielleicht wurde mit diesem Song der energetischste und konstanteste Backbeat der frühen 60er Jahre aufgenommen. Ein Backbeat in einem 4/4 Takt sind die betonten Schläge auf den Zählzeiten Zwei und Vier. Damit wurde das Rad in diesem Song nicht neu erfunden; aber schon ziemlich „funky“ gedreht.

Es ist das berühmte Feeling und nicht die auch Anfang der 60er Jahre schon als Standard gespielte Schlagabfolge des Million Dollar Beat.

„Spiele einfach und das Einfache mit viel Gefühl und es wird Rock ’n‘ Roll!“

Musiker-Weisheit – Quelle unbekannt

Es sind bis auf die Zwischenspiele wirklich nur zwei Akkorde! Das funktioniert gut und wird nicht langweilig, weil der Gesang und der Chor für die Farben sorgen. Es ist ein sogenannter Groove-Song. So wie zum Beispiel der Song Bo Diddley oder der Mega-Hit Billie Jean von Michael Jackson.

Schlagzeug Basis

Eine kleine Besonderheit bilden die Bassdrum-Schläge auf der 2-Und sowie auf der 4-Und dieser sehr einfachen Schlagabfolge. Die Bassdrum-Schläge auf den Und-Zeiten bilden zusammen mit dem Bass eine Art pumpenden Groove. Auf den Betonungen der 2 und der 4 liegt ein deutlich hervortretender Hall-Effekt, der die Hi-Hat metallisch nachklingen lässt. So als würde der Beat vorangepeitscht werden. Und dann ist da noch das Gospelchor-Handklatschen auf der 2 und der 4.
Hier ist das (nachgespielte) Schlagzeug mit Handklatschen ohne weitere Instrumente zu hören
Und jetzt ist das Schlagzeug mit Bass und Gitarre zu hören

Der Drummer

Marvin Gaye ist weniger als Drummer bekannt. Das Multitalent arbeitet zu Beginn seiner vielseitigen Laufbahn als Schlagzeuger für „Smokey Robinson und den spundjungen Stevie Wonder. Als Songschreiber war er auch an Martha Vandellas Hit Dancing In The Street beteiligt.“ (3)

Das Foto aus dem Jahr 1966 zeigt Marvin Gaye

Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern viel Spaß beim Ausprobieren und Experimentieren!

Christian W. Eggers – christian@stompology.org – 3. Oktober 2023 (letzte Aktualisierung dieses Artikels am 3. Oktober 2023)

Quellen und Anmerkungen

  • (1) Wikipedia über 500 Songs That Shaped Rock and Roll
  • (2) Einige Autoren und Autorinnen sehen eine politische Bedeutung des Songs. So etwa Mark Kurlansky mit seinem Buch “Ready for a Brand New Beat”. Einige US-Politiker sahen in dem Song eine Aufforderung zum Straßenkampf und Landfriedensbruch. Produzent Berry Gordy konnte die Aufregung nicht verstehen: „Mein Gott! Es ist nur ein Lied zum Tanzen!“

Bildnachweise

Analog-Spring-Reverb im Selbstbau

Was wurde nicht schon alles probiert! Eine riesige Lautsprecherbox auf einer Kloschüssel in einem gekachelten 1,5 Quadratmeter großen Toilettenraum ist noch verhältnismäßig harmlos.

So hatte ein Tontechniker und Produzent in den 80er Jahren die Vorstellung, dass ein überdimensionierter Friesen-Wall einen unverwechselbaren Raumklang erzeugt. Ärgerlich nur, dass die Bodenstatik des Holz-Bungalow, in dem sich das Studio befand, auf die Dauer nicht mit dem tonnenschweren Bauwerk aus Feldsteinen im Einklang stand.

Es geht auch weniger spektakulär. Laurens Hammond und Leo Fender ist die technische Nachahmung von Raumklang (Hall) mittels Metallfeder-Konstruktionen zu verdanken.

Das sieht ein wenig nach einem gruseligen Medizingerät aus dem 18. Jahrhundert aus, ist aber ganz ungefährlich und zeigt das Innenleben eines Halltanks. (1)

Eigenbau eines Hallgerätes mittels der fertigen Komponenten zweier Tanks, Medium und Small, mit jeweils zwei Spiralen. Untergebracht sind die Tanks in einem ausgedienten Gehäuse eines Tonbandgerätes. In dem Gehäuse ist genug Platz für weitere Nachrüstungen mit verschiedenen Größen und Typen von Hallfedern.

Wofür eignet sich ein Spring Reverb?

Der Federhall hat im Gegensatz zum Bandecho nur einen begrenzten Einsatzbereich. Der Hall aus der Metallfeder klingt gut mit Instrumenten, die mit „Anschlag“ gespielt werden. Perkussive Spielweisen von Gitarren und insbesondere der Snare Drum, gespielt mit Sticks, vertragen sich ausgezeichnet mit den Effekteigenschaften des Spring Reverb.

Dort wo fließendere und weichere Spielweisen bevorzugt werden, zum Beispiel bei einer mit den Besen gewischten Snare, ist der Federhall zur Simulation von Raumklang weniger geeignet.

Das Foto zeigt einen kostengünstigen Aufbau zur Nutzung von Federhall-Konstruktionen. Ein Mini-Mischpult mit Aux-Inputund Send-Funktionen sowie einem Return-Regler, der den Effektanteil des Hallgerätes mit dem „Original“-Signal (zum Beispiel einem Mikrofon-Signal) vermischen („einschleifen“) kann. Bei diesem kostengünstigen und verbreiteten Mischpult von Behringer wurde etwas herumprobiert, bis die Verkabelung so funktionierte, dass über den Return-Regler die Intensität des Halls ohne großes Rauschen einem Mikrofon-Signal dezent hinzugefügt werden konnte (siehe Video).

Passende Reverb-Tanks

Am Anfang steht die Überlegung zum Erwerb der „richtigen“ Hallspiralen. Für den hier gezeigten Aufbau wurden zwei kleine Tanks der Marke Accutronics erworben. Ein Tank, der einen mittleren Raum simuliert und ein weiterer Tank, der die Schallreflektionen eines kleinen Raumes nachempfinden soll.

Technische Daten der Baukomponenten können hier eingesehen werden: https://www.tubeampdoctor.com/en/accutronics-blue-reverb-amc2bf2?c=116 Nein, ich bekomme keine Prozente und bin weder verwandt noch verschwägert mit dem Anbieter.

Montage der Tanks

Hallspiralen reagieren schon auf leichte Erschütterungen des Gehäuses. Eine einfache Lösung ist bei kleinen und leichteren Tanks die Einbettung in Schaumstoff. Dieser wird dann im Gehäuse mit den Tanks verklebt.

Hier ist einer der beiden verwendeten Tanks vom Typ Accutronics zu sehen. Die Kabelseite mit der grünen Ader ist der Signaleingang, die mit der roten Ader führt den Signal-Ausgang.

Wie es klingt

Man muss ein wenig herumspielen mit den Reglern und der Verkabelung. Es klingt abgedroschen: Weniger ist mehr! Überzeugt hat mich der Klang bei der Abnahme der Snare-Drum. Das klingt ein wenig nach einer 50er Jahre Studio-Hallplatte und dem „bouncy“ Snare-Sound von Bill Haley & His Comets.

Sound-Demonstration „Analog-Spring-Reverb“: Sprache und Klampfe

Ich wünsche gute Vibrationen mit eventuellen Hall-Experimenten!

Christian W. Eggers – christian@stompology.org – 30. September 2023 (letzte Aktualisierung dieses Artikels am 30. September 2023)

Bildnachweis zu (1) Halltank-Innenleben: Quelle Wikipedia/Wikimedia; Bildautor/Bildautorin: Grebe, Lizenz: CC BY-SA 3.0; Titel des Werkes: „Geöffnetes Gerät zeigt die Mechanik“; Bildunterschrift bei wikipedia: O. C. Electronics, inc. Folded Line reverberation device Manufactured by beautiful girls in Milton, Wis. under controlled atmosphere conditions. U.S. pat. 3,363,202 / Canadian pat. 825,330 Type 60

Weiterführender Artikel zum Thema: „Test: Accutronics Hallspirale, Federhall„; Andersson, Martin; amazona.de, Dezember 2014

Famous Grooves – ‚Rocket 88‘ – The Back Shuffle

Gitarrist Dave Davies soll den Lautsprecher seines kleinen Gitarrenverstärkers mit einem Küchenmesser malträtiert haben. Heraus kam 1964 der mächtige Klang von You Really Got Me. Damit durchbrachen die Kinks die Schallmauer vom freundlich melodiösen Beat zum Rock.

Lange vor dieser drastischen Effektgestaltung – im Jahre 1951 in den USA – geschah etwas Ähnliches. Aus Zufall. So flickte Mr.The Man Who Invented Rock ‘n’ Roll” Sam Phillips den Transportschaden des Lautsprechers des Gitarren-Verstärkers der Band Kings of Rhythm notdürftig mit Klebeband. (1)

Benennt man als ein entscheidendes Merkmal für den Stil Rock’n’Roll die Hervorhebung einer elektrischen und deutlich verzerrten Gitarre, dann ist Rosetta Tharpe nicht nur die erste Frau, die Rock’n‘Roll Platten aufnahmen. Vielmehr kann Rosetta Tharpe, die ihr erstes Album 1938 herausbringen konnte, als die Erfinderin des Rock’n’Roll gelten. Zweifelsohne weist das Gitarrenspiel von Chuck Berry enorme Ähnlichkeiten der Riffs, der Intonation durch „gezogene“ Saiten und der Silde-Technik auf.

Phillips hatte die Band zu sich in sein Memphis Recording Service, dem Vorläufer von Sun Records, eingeladen. Wahrscheinlich aus rechtlichen Gründen wurde die Aufnahme von Chess Records unter dem Namen Jackie Brenston and his Delta Cats verkauft. Brenston war zu dieser Zeit neben Ike Turner (dem Komponisten des Songs) Mitglied der Kings of Rhythm.

Genau der richtige Sound für den Song Rocket 88 befand Phillips. Boogie, gespielt mit einer heillos verzerrten E-Gitarre. Das klang aufregend neu und ein wenig böse. Der Song über den Edel-Flitzer Oldsmobile Eighty-Eight wurde von Phillips bei Chess Records abgeliefert und promt ein Hit. Die Aufnahme wird heute häufig als ein bedeutender Schritt vom R&B der 40er hin zum Rock ’n‘ Roll eingeordnet.

Den Song kannst Du hier auf YouTube anhören.

Jackie Brenston konnte an den Erfolg von Rocket 88 nicht anknüpfen. Nach dem Versuch einer Solokarriere spielte er in der Band von Lowell Fulson, später wieder bei Ike Turner. In den 1960ern verfiel Jackie Brenston dem Alkohol. (2)

Der Drummer Willie „Bad Boy“ Sims

Als Schlagzeuger der Aufnahme ist Willie “Bad Boy” Sims, Mitglied der Kings of Rhythm, benannt. Sims war zum Zeitpunkt der Aufnahme von Rocket 88 siebzehn Jahre alt. Er ist auf vielen Aufnahmen mit Ike Turner zu hören. (3) Stilistisch war Willie Sims ein Kind seiner Zeit: Jazz als Hintergrund und R&B als Broterwerb.

Der Groove am Schlagzeug

Hier taucht ein alter und guter Bekannter des frühen R&B auf: der sogenannte Back Shuffle oder auch Stumple Shuffle. Es werden alle (!) Offbeats in allen Takten kräftig „durchgespielt“.

Bekannt wurde diese Spielweise durch den Schlagzeuger Oscar Lee Bradley, der diesen Groove 1947 in dem Song T-Bone Shuffle von T-Bone Walker spielte. (4)

Es gibt zahlreiche Spielweisen und Variationen des Back Shuffle. Gemeinsam ist allen, dass die Offbeats – also die Achtel-Schläge auf den Und-Zählzeiten – sich entweder durch Betonung oder durch das am Set gespielte Instrument (zum Beispiel auf der Snare) – gegenüber den Onbeats (die im Hörbeispiel auf der geschlossenen Hi-Hat gespielt werden) deutlich herausheben.

Hier ist eine einfache Spielweise zu sehen und im Audio zu hören. Etwas „modern“ aufgelockert wird der Groove im nachfolgenden Audio durch eine ab und zu getretene Hi-Hat.

Damit das Ding nicht nach zackiger Polka oder nach einem Punk-Rock-Groove klingt, muss unbedingt auf das Swing-Gefühl geachtet werden. Mir helfen dabei auch runde Bewegungen beim Anspielen der Hi-Hat.

Augenommen wurde das Audiobeispiel mit nur einem einzigen (Bändchen-) Mikrofon, positioniert zwischen Snare und Hi-Hat. Für den Groove wurden die ältesten Hi-Hat Schrott-Bleche herausgekramt. Das Auge hört ja mit. 🙂

Ich wünsche viel Spaß beim Ausprobieren und Experimentieren!

Christian W. Eggers – christian@stompology.org – 24. September 2023 (letzte Aktualisierung dieses Artikels am 20. Dezember 2023)

Literatur und Bildnachweise