Der Standard Wälzer Handbuch der populären Musik verzeichnet unter Jump Blues eine Mischung aus traditionellem Big Band Swing und Boogie Woogie. Jump Blues soll sich in den 40er Jahren als eigenständiger Musikstil entwickelt haben. Zahlreiche, inzwischen verkleinerte Band Besetzungen, konnten im Lärm der Kneipen und Lokale der in den Großstädten entwurzelt lebenden Industriearbeiter ihre tanzbaren Songs nur mit einem durchdringenden Gesangsstil, dem Blues Shouting, zu Gehör bringen. (1)
Aber auch der Beat war neu. Führten die Big Band Drummer kunstvoll, gleichsam einer Achterbahnfahrt, durch meist aufwendige Arrangements, beschränkten sich die nicht minder talentierten Schlagzeuger des Jump Blues auf den treibenden Beat. Druchgespielte Backbeats und Snare-Offbeats wurden Bestandteil des Jump Blues. Der Beat wurde steady. Zweifelsohne eine Entwicklung zum R&B, der später Rock ’n‘ Roll genannt wurde.
Verbreiteter Basis Groove des Jump Blues
In den nachfolgenden wenigen Sekunden Handklatschen im Filmausschitt ist mehr über den Beat des Jump Blues zu erfahren als in tausend Büchern. (2)
Verfeinerung des Grooves – Die 3-Und
In dem nachfolgenden kurzen Video-Ausschnitt Howlin‘ Wolf – Smokestack Lightning – Live 1964 kannst du hören und sehen, wie der Jump Blues Basis Groove durch einen „Zwischenschlag“ auf der Snare ein wenig mehr Bewegung erhält. Die jetzt eingefügte 3-Und wird ein wenig „gerader“ und damit weniger triolisch gespielt als die anderen Noten in diesem Groove.

Jump Blues Grooves und Rock ’n‘ Roll
Die Umbenennung des R&B in Rock ’n‘ Roll war wohl ein Marketingtrick der Plattenindustrie. Dennoch veränderten Interpreten wie Bill Haley den Jump Blues auf ihre eigene Weise. Manchmal verwässert und süßlich, aber manchmal auch erfrischend neu und kraftvoll klingend. Ein Beispiel für Letzteres ist der Song Rock-A-Beatin‘ Boogie von Bill Haley and the Comets. Den Song kannst du hier auf YouTube anhören. Ab der Minute 1:30 taucht die nachfolgend notierte Figur des 2. Taktes regelmäßig auf.

Der Jump Blues Beat findet sich in einem aufregend dominanten Schlagzeug-Sound wieder. Das mag zunächst auch an der für die damalige Zeit harten Gangart der Drummer der Comets liegen. Hinzu kommt, dass Produzent Milt Gabler sich bei seinen ersten Aufnahmen mit Bill Haley am Jump Blues des ebenfalls bei Decca unter Vertrag stehenden „Vater des Jump Blues“ Louis Jordan orientiert haben soll. (4)
Eine Besonderheit der Spielweise der Drummer der Comets war es, die Backbeats mit der führenden Hand (zumeist die Rechte) kräftig auf der Snare zu spielen. Die Snare wurde vermutlich zusätzlich gesondert über einen Amp mit Reverb-Pegel verstärkt. Ein „durchschlagender“ Erfolg.
Der betonte 3-Und Zwischenschlag, gefolgt von einer noch stärker akzentuierten Vier mit nachfolgender Pause der 4-Und, wurde ein Erkennungszeichen der Bill Haley Grooves. Darüber hinaus hat die kraftvolle Backbeat-Spielweise dieser ursprünglichen Jump Blues Figur des „Black Music“ R&B zahlreiche nachfolgende Drummer inspiriert.
Christian W. Eggers – 4. November 2021 – christian@stompology.org (letzte Bearbeitung dieses Artikels 18. April 2022)
Quellenangaben
- (1) Handbuch der populären Musik, 2. Auflage, Seite 359
- (2) Big Joe Turner – Show Time at The Apollo – YouTube User: Default Name – BJ’s RECORDS & NOSTALGIA STORE TOUR VIDEO
- (3) Howlin‘ Wolf „Smokestack Lightning“ Live 1964 YouTube User: „ReelinInTheYears66“
- (4) https://dewiki.de/Lexikon/Rock_Around_the_Clock