„Crazy Man, Crazy“ – Berühmte Grooves

Mit „Crazy Man, Crazy“ hatte Bill Haley 1953 seinen musikalischen und kommerziellen Durchbruch. Haley war zuvor Country Musiker und er suchte gezielt nach einer Synthese aus den Musikstilen Country, Western Swing und R&B. Nach anfänglichen Misserfolgen sollte die neuartig klingende Verbindung der Stile Geschichte machen.  Sie bestand aus der Country Musik Instrumentation, dem bisher bekannten New Orleans R&B und dem Jump Blues der Großstädte. Der Begriff „Rock’n’Roll“ für diese Synthese hat sich wenige Jahre später etabliert. Die heutige Bezeichnung für diesen von Bill Haley hartnäckig und angeblich gegen Vorbehalte der „weißen“ Plattenfirmen erarbeiteten R&B im Country Sound ist „Rockabilly“.

Anhören kannst Du den Song auf YouTube hier.

„When i go out

and i want a treat

i find me a band with a solid beat“

Der Song

„Crazy Man, Crazy“, geschrieben von Bill Haley und seinem Bass-Spieler Marshall Lytle, ist eine der ersten Veröffentlichungen mit der neuartigen Spielweise. Ein eigenständiges und prägendes Merkmal dieser neuen Stilistik war der exzessive Gebrauch der Slap-Technik am Kontrabass, die den behäbigen „Walking Bass“ des Jump Blues ablöste. Dabei wurde im Wechsel aus Zupfen und Schlagen ein perkussiver Shuffle Groove erzeugt. Der im April 1953 von „Essex Records“ veröffentlichte zweieinhalb Minuten lange Song vermittelt durch das lebendige Spiel von Schlagzeuger Billy Gussak Übermut und Lebensfreude.

Der Groove

Der nachstehend gezeigte Groove (Basis „Rim of Snare“ in der ersten Notenzeile der Abbildung) mit der Refrainzeile „Crazy Man, Crazy“ setzt ab dem neunten Takt ein. Es handelt sich um einen in zwei Takte unterteilten Shuffle, der synchron zum Slap-Kontrabass die Achtel auf dem Spannreifen (Rim) der Snare „Hand to Hand“ klickern lässt.

Im zweiten Takt des Basis-Grooves erfolgt auf der „Drei-Und“ statt des Rim-Schlages ein Snare-Schlag. In der Bridge, im Instrumentalsolo Chorus und im Outro (Fadeout) wechselt der Groove in den traditionellen Swing-Ride auf dem Becken und der „Zwei“ und „Vier“ (konstanter Backbeat) auf der Snare.  

Der antreibende Snare-Akzent auf der „Drei-Und“ ist durch seinen Klang (es ist ein deutliches Echo zu hören) und die kräftige Spielweise für die damalige Zeit ungewohnt dominant. Darüber hinaus variiert Gussak mit Witz in diesem Groove das New Orleans Shuffle Gefühl im Spiel auf dem Spannreifen mit einem lockeren und leisen Wechsel einzelner Schläge auf dem Snare-Fell. Es entsteht der Eindruck, als kommuniziere das Schlagzeug spontan und assoziativ mit einzelnen Textzeilen des Gesanges.

Besonderheiten

Das Intro

Ein kurzes Schlagzeugsolo als Intro, bestehend aus Achteltriolen in einer Einzelschlag- und Pressroll-Kombination auf der Snare sorgt für einen mitreißenden Einstieg in den Song. Ursprünglich hervorgegangen aus der Militärmusik, dem sogenannten Lockmarsch (der „Locke“) wurde diese Technik im frühen New Orleans Jazz dem „triolischen Feel“ angepasst und später von Buddy Rich und Gene Krupa mit den raffiniertesten Akzentverschiebungen zu einem der spektakulären Markenzeichen des hochentwickelten Bigband Drumming der 30er und 40er Jahre (siehe Notenzeile drei und vier in der Abbildung).

„Stick on Stick“ Einwurf

Im Übergang des zweiten Hookline Chorus zum ersten Strophen-Durchgang (16. Takt) folgt ein eintaktiger markanter Einwurf. Dabei wird der Shuffle Groove (bis auf den sehr leisen Press-Schlag auf der „Zwei-Und“ sowie der pausierenden „Vier-Und“) unverändert fortgesetzt. Mittels der „Stick on Stick“ Technik auf der Snare springt die Schlagfolge durch ihren Klang scharf aus dem Slap und Rim Sound des Basis Grooves hervor (siehe zweite Notenzeile in der Abbildung).

Der Drummer – Billy Gussak

Billy Gussak war ein vielbeschäftigter Jazz Drummer, der sich überwiegend auf die Studioarbeit konzentrierte. Seine energisch konstanten Backbeats (Hervorhebung der Zählzeiten Zwei und Vier in 4/4-tel Takten) und überlauten Snare Akzente (u.a. in „Rock Around The Clock“) wurden zunächst das Markenzeichen von „Bill Haley and His Comets“ und trugen wesentlich zur Entwicklung des „Rock’n’Roll“ bei. Der durchgespielte Backbeat wurde Standard. Die Aufnahmen Gussaks mit Bill Haley klingen nach über einem halben Jahrhundert immer noch so unverbraucht, als seien sie gerade heute den Studio Sessions entsprungen.

Quellen: Handbuch der populären Musik (Schott), Reclams Jazzlexikon (Reclam), Wikipedia, The Commandments Of Early Rhythm And Blues Drumming, Daniel Glaas, Zoro

 

Veröffentlicht von Christian W. Eggers

Drummer aus Kiel in Schleswig-Holstein. "Drummer machen Fehler, die meistens laut sind."