„Die Hi-Hat ist ein Teil eines Schlagzeugs und ermöglicht dem Schlagzeuger das Aneinanderschlagen von Becken in der Art der Paarbecken ohne Einsatz der Hände.“ (1)
Alles klar. Aber was ist eine Swing Hi-Hat und passt sie nur in die Musikrichtung Swing?
In einem älteren Beitrag wurde die Spielweise bereits beschrieben. Meist wird diese Art der Sound-Gestaltung des Schlagzeugs mit den Big Bands der 40er Jahre in Verbindung gebracht. Insbesondere mit dem Hit In The Mood von Glenn Miller in dem die Swing Hi-Hat zum Erkennungszeichen des Songs wurde.
R&B Variante der Swing Hi-Hat
Die Spielweise der Swing Hi-Hat geriet mit dem Sterben der Big Bands (Ende der 40er Jahre) in Musikproduktionen der nachfolgenden Jahrzehnte nicht in Vergessenheit. Die Swing Hi-Hat blieb über den Jump Blues bis weit in die 60er Jahre im frühen R&B, dem Rock ’n‘ Roll sowie auch in den Soul-Produktionen hörbar.
Im Unterschied zur Musikrichtung Swing, wird die Hi-Hat hier „zickiger“ und im Two-Beat Gefühl gespielt.
- 1946 nahm Arthur „Big Boy“ Crudup den Song That’s All Right auf. Der Drummer begleitete den Song überwiegend auf der Hi-Hat, mit der er die Swing Hi-Hat Spieltechnik verband. Heute gilt der Song in zahlreichen Fachbeiträgen als die erste Rock ’n‘ Roll Aufnahme. (3) Der Song machte zehn Jahre später Elvis Presley berühmt
- 1954 spielte Drummer Jesse Sailes eine Swing Hi-Hat in dem „Gangsta-Swing“ Riot In Cell Block #9 in der brachialen Version der Doo-Wop-Band The Robins
- 1964 nahm Soul-Sänger Solomon Burke den Song Everybody Needs Somebody To Love auf und auch hier war die Swing Hi-Hat mit im Spiel
Shuffle Blues Variante der Swing Hi-Hat
Die Swing Hi-Hat Technik lässt sich nicht nur in die Swing-Schlagfolge (das Swing Pattern) integrieren. Einen vitalen Drive entwickelt die Swing Hi-Hat im moderaten Tempo eines Shuffle Blues. Auch in dieser Variante wird der Back-Beat auf den Becken nicht gespielt.
Vorteile der Spielweise
Wo meist das Ride-Becken in triolischen Grooves strapaziert wird und der Beat in einem „Grundrauschen“ des meist lauten Ride-Beckens unpräzise zu werden droht, kann die Swing-Hi-Hat dem Groove das federnde Gefühl (bouncy feel) verleihen.
Die R&B Variante mit der hervorgehobenen Snare-Drum, erreicht durch das Weglassen des Stick-Anschlags der Hi-Hat auf der Zwei und der Vier, gibt dem Groove zusätzlich Tiefe durch Klang-Minimierung.
Ebenso verhält es sich mit dem hier vorgestellten Shuffle Blues: Die Back-Beats werden auf den Hi-Hat Becken weggelassen. Dabei wird die Bass-Drum auf allen vier Vierteln gespielt, was dem Groove einen vitalen R&B Einschlag verleiht.
Herausforderung Minimalismus
Meist wird danach gesucht möglichst viele technische Feinheiten – mit zahlreichen 16tel Schlägen – einem Groove hinzuzufügen. Weglassen von Gewohntem und lange zuvor Erlernten ist zunächst eine Anstrengung.
Zudem: Arme und Beine streben zur Gleichzeitigkeit einer Bewegung. Wenn über viele Jahre der Back-Beat auf der Hi-Hat wie selbstverständlich (mit) gespielt wurde, fällt es zunächst schwer ihn mit Gefühl „pausieren“ zu lassen und allein die Snare auf der Zwei und der Vier im 4/4tel Takt zu spielen.
Ich wünsche Spaß und Ideen zum Einsatz der Swing Hi-Hat. So ein Ding kann einem Groove ganz schön Dampf mitgeben.
Christian W. Eggers – 15. Oktober 2023 – christian@stompology.org – (Letzte Aktualisierung dieses Artikels am 21. Oktober 2023)
Bildnachweis
Charlie Watts: Titel des Bildes/Datei: Charlie Watts on drums The ABC & D of Boogie Woogie (2010).jpg; Original Bildunterschrift: Charlie Watts drums for his second band besides The Rolling Stones, The ABC&D of Boogie Woogie, in the Casino in Herisau, Switzerland on January 13th, 2010. Quelle: Poiseon Bild & Text (press photo by a photographer of the consulting company Poiseon AG in St. Gallen, Switzerland) Ursprungsquelle: https://www.flickr.com/photos/39023078@N07/4274215482 via wikimedia; Autor: Poiseon Bild & Text, Lizenz via wikimedia: Creative Commons Attribution 2.0
Quellen und Anmerkungen
- (1) https://de.wikipedia.org/wiki/Hi-Hat
- (2) Focus on the Hi-Hat: The Classic Swing Sound (VIDEO); Fidyk, Steve; Modern Drummer; 31st Jan 2012
- (3) Trotz unterschiedlicher Einschätzungen und Behauptungen der Musikhistoriker und Musikhistorikerinnen über den Zeitpunkt und Produzenten der „ersten Rock ’n‘ Roll Aufnahme“ besteht Einigkeit darüber, dass mit dem Song ein neuer Akzent in den Blues jenseits der Boogie-Spielweise gelangte.