12/8 Feel – Der Groove der Balladen

Eine rhythmische Besonderheit entsteht bei vollständig ausgespielten Achteltriolen (also 3 Triolenachtel auf einen Pulsschlag) in einem langsamen bis sehr langsamen Tempo (100 bpm und weniger). Es scheint so, als seien die fröhlich swingenden und hüpfenden Achtel des Swing- und Shuffle-Mikrotimings förmlich zu Boden gefallen. Sie werden als 12/8-tel Takte notiert und  bilden einen erdigen, rollenden Groove.

So wundert es nicht, dass die im 12/8-tel Gefühl gespielten Grooves in Soul-Balladen und im langsamen Blues zu hören sind. Es gibt unzählige Klassiker des Blues und Soul, die mit dem „Triolen-Rollen“ durchgehend grooven. Gute Beispiele dafür sind „These Arms Of Mine“ und „I Love You More Than Words Can Say“ von Otis Redding sowie die Ballade „For Sentimental Reasons“ von Sam Cooke.

12/8-tel Feel mit getretener Hi-Hat

Eine Variante zu der in der Grafik abgebildeten Spielweise: Hi Hat („getreten“) und Ride Becken spielen die Achteltriolen synchron

Variationen durch 16-tel Mikrotiming

Etwas bewegter wird das „12/8-tel Rollen“ wenn ihm ein 16-tel Microtiming, je nach Geschmack, auf einigen Zählzeiten hinzugefügt wird.

In diesem Beispiel teilen sich die Achtel im Pulsschlag 3 und 7 auf dem jeweils zweiten Triolenachtel in zwei 16-tel Schläge.

Hier kannst Du eine 12/8-tel Figur mit 16-tel Unterteilungen der Ride Becken Anschläge auf der Basis der oben gezeigte Notation anhören.

Die Möglichkeiten der Variationen mit 16-tel Teilungen sind unerschöpflich. Entscheidend ist, dass diese Teilungen zum Charakter der Komposition passen und nicht nur als kleine rhythmische Finesse eingebaut werden.

Traditionelle Spielweisen

12/8 stark zurückgenommen – „traditionelle“ Spielweise mit dem Side Stick auf der Snare

12/8-tel Grooves werden gerne im Blues-Rock gespielt. In dieser Musikrichtung klingt es passend, wenn die Backbeats und die Bassdrum „mächtig“ klingen und das Becken „bouncy“ auf der Kuppe mit dem Stick gespielt wird.

Kreisbewegeungen mit den Jazz-Besen im 12/8-tel Gefühl.
Audio 12/8-tel mit kreisenden Jazz-Besen

In den Blues- und Soulkompositionen der frühen Popomusik wurden 12/8-tel jedoch mehr jazzig ohne viel „Alarm“ – gerne auch mit den Jazzbesen – gespielt. Das klingt ganz interessant und schafft Nachtclub-Atmosphäre wenn auf der Snare durch Kreisen ein gleichmäßig ruhiger Fluss ensteht oder das Ridebecken „verwaschen“ pulsieren darf.

Christian W. Eggers – 24. August 2021 – Überarbeitet und Ergänzungen eingefügt am 5. Dezember 2021- christian@stompology.org (letzte Aktuialisierung am 9. Dezember 2021)

Quellen: The Commandments Of Early Rhythm And Blues Drumming, Daniel Glaas, Zoro; Second Line 100 Years Of New Orleans Drumming, Antoon Aukes; Handbuch der populären Musik (Schott)

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Faux Latin Grooves – Basis Rhumba Boogie

Lateinamerikanische Einflüsse im Jazz haben ihren Weg in New Orleans begonnen. „Faux“ bedeutet „falsch“ oder auch „nachgemacht“. Diese hier nicht abwertende Bezeichnung trifft für den „Faux Latin Boogie“ Groove zu. Er ist weder ein „reiner“ Boogie-Groove noch ein lateinamerikanischer Rhythmus der „geraden Achtel“ (straight eights).

In Video ist eine Rhumba Boggie Schlagfolge zu sehen, wie sie im New Orleans R&B öfter gespielt wurde.

Erfunden wurde der Rhumba Boogie (deutsche Schriebweise: Rumba) in New Orleans. Der Barpianist, Produzent und Komponist Professor Longhair machte dieses Spielweise 1949 weit über die Grenzen der USA berühmt. Das Rhumba Boogie Pattern findet sich inzwischen in vielen Musikrichtungen wieder.

Wie klingt der Rhumba Boogie in einer Komposition?

Markenzeichen des Rhumba Boogie ist der besondere Schwung auf der Zählzeit Eins eines 4/4 Taktes. Der übliche Shuffle wird abgewandelt mit zwei Sechszehntelschlägen (auf der Eins) und einem Offbeat auf der 2-Und; siehe unten Grafik mit dem Notenbeispiel).

Hier ist ein Beispiel für ein Rhumba Boogie zusammen mit einer Band gespielt.

Das wohl berühmteste Beispiel für einen Faux Latin Groove ist in „What’d I Say“ (1959) von Ray Charles zu hören. Getrommelt hat diesen Klassiker Milt Turner; ein Meister des frühen R&B Drumming.

What’d I Say Basis Groove
Die hier gezeigte Figur kann als Basis für einen „unechten Latin Groove“ genutzt werden. Wie immer sind die Variationen zahlreich.

Ungewöhnlich aus der Perspektive eines Swing-Puristen ist die durchgehende Betonung der „Eins“ im 4/4-tel Takt mit einer 16-tel Teilung. Das fühlt sich schon etwas nach Latin-Groove an. Auf der „Drei“ und der „Vier“ folgen dann die gewohnten Shuffle-Schlagfolgen.

Hörbeispiel (ternär) Snare mit Besen

Rhumba Boogie – 1949

Shuffle-Gefühl oder gerade Achtel? Was ist besser?

Beides ist spannend! Und noch spannender wird es, wenn ein Groove sich zwischen dreigeteilter und zweigeteilter Interpretation bewegt.

Hörbeispiel (binär) Becken, Snare und Tom

Faux Latin Groove über das Set verteilt: Die Figur des Rhumba Boogie kann man auf dem Ride-Becken mit einer Hand spielen und mit der freien Hand Tom-Tom und Snare hinzugügen. Das Hörbeispiel ist weder rein zweigeteilt (binär) noch rein dreigeteilt (ternär) gespielt.

Kann man das üben? Es passiert einfach! Ich meine, man muss das nicht üben, wenn man die ternäre Spielweise kennt und in einer guten Band spielt. Im schnellen Tempo streben die ternären Achtel in eine binäre Teilung. Das lässt sich nicht vermeiden und so entsteht eine „Zwischenstation“ der Achtel pro Grundschlag, die weder rein ternär noch rein binär ist. Dieser Effekt des Wanderns zwischen zwei Welten macht nicht nur den Reiz des frühen New Orleans R&B aus, sondern aller im Mikrotiming dreigeteilten Grooves. 

Christian W. Eggers – 27. August 2020 (letzte Aktualisierung: 31. Oktober 2023) – christian@stompology.org

Quellen: The Commandments Of Early Rhythm And Blues Drumming, Daniel Glaas, Zoro; Second Line 100 Years Of New Orleans Drumming, Antoon Aukes; Handbuch der populären Musik (Schott)

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Swing Basis

Der Swing-Groove als Basis

Wissenschaftliche Abhandlungen über das „Phänomen Swing“ gibt es regalweise. Tatsache ist, dass Swing glücklich macht. Einmal richtig in der Spur, wünscht man sich als Drummer, dass der Song niemals zu Ende geht.

Swing Basis-Schlagfolge schematisch und im Notenbild.

Der Begriff Swing hat zwei Bedeutungen: Mit Swing kann eine Stilrichtung des Jazz benannt sein und „Swing“ kann als Beschreibung eines rhythmischen Effekts dienen. Mit der deutschen Übersetzung „schwingen“ ist das Swing-Gefühl gut beschrieben.

Swing Basis-Groove mit jeweils 1 Takt Swing auf dem Ride-Becken und 1 Takt mit „Zwischenschlag“ auf der Snare auf der „3-Und“.
Swing Basis-Groove mit kreisenden Jazz-Besen gespielt.

Wie auch der Shuffle, basiert Swing auf der Dreiteilung des Mikrotimings. Anders als im Shuffle, werden in der Swing-Basis jedoch Viertel-Schläge auf der 1 und der 3 gespielt. Auf der 2 und der 4 wird in der Basis des „Swing-Musters“ geshuffelt. Damit ensteht auf der 1 und der 3 Beruhigung. Auf der 2 und der 4 „federn“ zwei Achtelschläge in der triolischen Dehnung (= das zweite Triolenachtel der Achteltriole pausiert; siehe Abbildung oben). So gehört, liegt die Sensation des Swing in dem ständigen Welchsel aus Entspannung und Anspannung auf der Basis von gleichmäßig fließenden Viertel-Grundschlägen.

Aber auch Viertel im Swing-Gefühl gespielt können swingen. Warum das so ist? Ich weiß es nicht. Vielleicht liegt es an dem Spielgefühl, welches sich im triolischen Fluss einstellt und sich auf die Grundschläge (den Puls) überträgt.

Quellen: The Commandments Of Early Rhythm And Blues Drumming, Daniel Glaas, Zoro; Second Line 100 Years Of New Orleans Drumming, Antoon Aukes; Handbuch der populären Musik (Schott)

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Shuffle Basis

Der Shuffle-Groove als Basis

Ein Shuffle-Groove entsteht, wenn auf jedem Grundschlag eines Taktes die jeweils ersten und letzten Triolenachtel der Achteltriolen ausgespielt werden. Die nachfolgende Abbildung zeigt das Prinzip.

Du spielt z. B. mit der Bassdrum den Puls und „oben“ teilst Du die Schläge in jeweils eine Achteltriole pro Puls. Den zweiten Schlag der Achteltriolen lässt Du stets pausieren. Es ensteht ein hüpfender Groove.

In der wörtlichen Übersetzung bedeutet Shuffle „schlurfen“. Gemeint ist ursprünglich eine Bewegung früher afroamerikanischer Tänze, bei der die Füße nicht vom Boden abheben, sondern auf sandigem Boden ein schlurfendes Geräusch entstehen lassen. Dieses Geräusch kann mit dem Jazz-Besen auf der Snare nachgeahmt werden. Ein Beispiel für einen berühmten Shuffle-Groove findest Du hier: T-Bone Shuffle

Eine am Spielgefühl und der Praxis orientierte Beschreibung der Shuffle-Rhythmen gibt der Schlagzeuglehrer Daniel Glass: „A bouncy feel that has its basis in swung eight notes.“ Diesem „hüpfenden Gefühl“ liegen Achteltriolen bei pausierendem zweiten Schlag der Triolen-Achtel einer Achteltriole zu Grunde.

Stompology ist auch Shufflelogy: Im Laufe der Entwicklung der Popmusik haben sich unzählige unterschiedliche Spielweisen von Shuffle Rhythmen herausgebildet. Die häufig verwendeten Bezeichnungen der unterschiedlichen Stile und Techniken, wie zum Beispiel „Chicago Shuffle“ und „Texas Shuffle“ werden dabei nicht einheitlich benutzt.

Typisch für Shuffle-Grooves sind zwei ausgespielte Achtel auf allen Zählzeiten eines Taktes. Im Swing als Musikrichtung werden dagegen in der Basis zwei Achtel-Schläge nur auf der Zwei und der Vier eines Viervierteltaktes ausgespielt. Shuffle „hüpft“ also auf allen Grundschlägen eines 4/4 Taktes.

Hörbeispiel „Double Shuffle“

Die oben in den Noten gezeigten Basis Shuffle-Figur auf dem Ride-Becken kannst Du auf der Snare Offbeat-Akzente (= Schläge zwischen den Zählzeiten des Metrums) oder einen leichten Backbeat (auf der 2 und der 4) hinzufügen. Im Beispiel habe ich die Becken-Schlagfolge synchron auf der Snare mit der linken Hand gespielt. Diese Spielweise nennt sich „Double Shuffle“.

Quellen: The Commandments Of Early Rhythm And Blues Drumming, Daniel Glaas, Zoro; Second Line 100 Years Of New Orleans Drumming, Antoon Aukes; Handbuch der populären Musik (Schott)

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