Nachdem Sam Phillips mit der Hilfe von zwei Tonbandgeräten das Slapback Echo zum Markenzeichen des frühen Rock’n’Roll gemacht hatte, war die Entwicklung von speziellen Bandechogeräten für Tonstudios und Gesangsanlagen nur eine Frage der Zeit.
Umschlag zum Handbuch – Quelle Website Bandecho.de, Tim Frodermann
Die ersten professionellen und serienreifen Bandechogeräte eroberten Anfang der 60er Jahre den Markt der Studioelektronik. Als die britische Band The Beatles Mitte der 60er Jahre mit derartigen Geräten von Dynacord ausgestattet wurde, war das Bandechogerät für die Raumklanggestaltung schon beinahe etabliert.
Das Foto zeigt eine Echocord Super65 des Herstellers Dynacord. Das Röhrengerät bietet eine Vielzahl von Einstellmöglichkeiten. Von super kurzen „Rock’n’Roll-Echos“ bis hin zu Echos die mehr in der Psychedelic Music Anwendung fanden. Das hier gezeigte Exemplar wurde vom Voreigentümer mit neueren Knöpfen für die Potenziometer und Klangregelung (linke Seite) versehen. Sehr angenehm ist der „Ein- Ausschalter“ in der Tastenreihe. Bei der Stellung „Aus“ wird die Tonbandandruckrolle vom Antrieb gelöst. Damit kann sich die Gummirolle bei längerer Standzeit nicht verformen.
Wie funktioniert ein Bandechogerät und was macht es?
Wikipedia hat zur Funktionsweise eines Bandechogerätes folgenden Eintrag veröffentlicht:
„Ein Bandhallgerät besteht aus einem endlosen Magnetband und zugehörigem Sprech- und Hörkopf. Das Audiosignal wird über den Sprechkopf auf das Magnetband aufgenommen. Je nach Geschwindigkeit des Magnetbandes kommt das Signal kurze Zeit später am Hörkopf vorbei und wird wiedergegeben. Mittels der Geschwindigkeit des Magnetbandes kann die Verzögerungszeit (Delay) eingestellt werden. Manche Bandhallgeräte verfügen über mehrere zuschaltbare Köpfe, so dass mehrere Echos erzeugt werden können. Über diverse Regler kann die Intensität des Nachhalls eingestellt werden. Außerdem kann ein Kopf als variabler Löschkopf eingestellt werden, so dass das Signal nach dem Durchlauf ganz oder teilweise gelöscht oder mit neuen Signalen überlagert werden kann.“
Das Innenleben zeigt den Bandtransport mit einer Endlosschleife und fünf Tonköpfen, die über das Frontpanel des Gerätes schaltbar kaum einen Wunsch zur Echo-Gestaltung offen lassen. Dieses Exemplar eines Echocord Super 65 ist vom Voreigentümer gepflegt worden.
Die Rückseite mit den Ein- und Ausgängen des Gerätes ist übersichtlich und auch für Laien mit Hilfe der Bedienungsanleitung einfach zu verstehen. Geschuldet war dieses wohl auch dem Einsatz der Geräte bei Live-Konzerten. So entfiel die für Musiker und Musikerinnen nervige Fummelei mit vielen Kabeln und unverständlichen Symbolen.
Der Test des Echocord Super 65
Zunächst bestanden Bedenken das Gerät in einem Raum mit dem Gesangsmikrofons aufzustellen. Doch der Motor des Bandtransportes läuft erstaunlich leise. Das Gerät wurde mit einem Direktanschluss und danach „eingeschliffen“ über ein Mischpult getestet.
Direktanschluss an ein Mikrofon
Audio Gesang im Rockabilly Style aufgenommen mit der „Presto“ Einstellung des Dynacord Echocord. Deutlich ist der Slapback Echo Effekt zu hören.
Für den Test mit einer Blues Harb wurde ein Beyer M55 Mikrofon gewählt. Diese dynamischen Mikrofone, ursprünglich für Heimtonbandgeräte gedacht, erzeugen einen durchsetzungsfähigen Sound gerade bei der nahen Abnahme vom Instrumenten.
Zur Aufnahme einer Blues Harb wurde der Mikrofoneingang des Bandechogerätes Echocord direkt mit dem Mikrofon verbunden.
Audio Mundharmonika „Blues Harb“ aufgenommen über ein Dynacord Echocord.
Was mit der Mundharmonika gelungen ist, funktioniert auch sehr gut mit der Gesangsstimme. Das Signal wird ohne weitere Bearbeitung verdichtet und damit „fett“.
Der Screeshot der Aufnahmesoftware zeigt in der zweiten Spur das Signal einer Gesangsaufnahme. Es wurde die Echocord-Einstellung „Presto“ verwendet. Mit dieser Schaltung läuft das Band recht schnell und dieser Umstand führt zu einer deutlichen Kompression des Signals. Das ist eine gute Sache! Der Gesang setzt sich auch in leiseren Stellen wesentlich deutlicher durch, als das der Fall ohne den Einsatz dieser Technik wäre.
Einschleifen über ein Mischpult
Beim sogenannten Einschleifen eines Effektgerätes wird das Gerät nicht direkt mit der Schallquelle verbunden, sondern der Effektanteil wird dem Original-Signal beigemischt.
Der Eingang des Echocord wird mit dem Mischpult „Send“ verbunden. Der Ausgang des Echogerätes wird mit „Return“ am Mischpult verbunden. Jetzt kann am Mischpult der Effektanteil dem Originalsignal hinzugemischt werden. Ein Vorteil dieser Schaltung liegt in der Möglichkeit sehr feiner Abstufungen des Effektes.
Das Einschleifen empfiehlt sich bei dem Einsatz des Gerätes während der Gesangsaufnahmen. Der direkte Anschluss macht großen Spaß bei der Abnahme von Instrumenten. Da das Echocord ein Röhrengerät ist, kann auch mal kräftig bis zur deutlich hörbaren Übersteuerung ausgesteuert werden und damit die „musikalische“ Verzerrung eines Röhrenverstärkers zusammen mit dem Echoeffekt erreicht werden.
Was koste der Spaß?
Was muss man investieren, um ein funktionierendes Röhren-Bandechogerät zu erhalten? Zunächst den Kaufpreis zwischen 200 Euro und 450 Euro. Hat man das Gerät ergattert, geht es erst los. Egal was mit besten Wissen und Gewissen versprochen wird; irgendetwas ist immer. Ohne dass es Voreigentümer oft wissen können. Es sei denn, man erwirbt ein von einem der wenigen Fachbetriebe für Vintage-Technik überholtes Gerät. Also, bevor mit so einem Gerät aus dem Privatverkauf tatsächlich Musik gemacht werden kann, muss in der Regel ein Techniker oder eine Technikerin alterungsbedingte Fehlerquellen (z. B. Kondensatoren erneuern) beheben.
Literaturtipp und Download der Bedienungsanleitung mit Schaltplan
Eine sehr umfangreiche Website zum Bandecho hat Tim Frodermann erschaffen. Da bleibt kein Wunsch nach Informationen offen. Der Autor hat es sich zur Aufgabe gemacht auf seiner Webseite „so viele Informationen wie möglich zu den Orchestergeräten aus deutscher Produktion zu sammeln und bereitzustellen. Warum? Damit Jeder die Geräte nach bestem Wissen verwenden und – soweit es die eigenen fachlichen Möglichkeiten erlauben – auch reparieren kann.“
In der Theorie ist mehrstimmig singen und aufnehmen ganz einfach. Man gruppiere die Band um ein einziges Mikrofon, lege die Hauptstimme fest und der Rest der Band singt die passenden verschiedenen Nebenstimmen. Die Praxis der Aufnahme ist auch einfach. Oder genauer gesagt: sie war einfach. Dann, wenn beispielsweise Talente wie die Musiker der Beach Boys oder der Hollies loslegten.
Was aber, wenn die Band nicht über die gesanglichen Fähigkeiten der Altmeister der Mehrstimmigkeit verfügt? Muss dann auf Mehrstimmigkeit verzichtet werden?
Wie man es dennoch ohne Chorerfahrung zumindest für eine Aufnahme hinbekommen kann, davon handelt dieser Artikel.
Mehrstimmigkeit im Rock’n’Roll
Zunächst eine kurze Erklärung zur Mehrstimmigkeit in der „populären Musik“ mit möglichst wenig Fachausdrücken. Gemeint mit „populärer Musik“ ist der traditionelle Jazz und natürlich der Rock’n’Roll mit seinen „Doo Wop Gesangsstil“.
Im Prinzip basiert Mehrstimmigkeit auf dem Singen von Akkorden. Also dem gleichzeitigen Erklingen zweier oder mehrerer verschiedener Töne. Der sogenannte Akkordsatz wird zum Satzgesang.
Die Meister des Satzgesangs The Beach Boys im Studio glücklich vereint. Die Wilson-Brüder verfügten über gemeinsame Chorerfahrung und es fiel ihnen nicht schwer verschiedene Stimmen gleichzeitig aufnehmen zu können. (Foto: Werbung für das Pet Sounds-Album, veröffentlicht am 7. Mai 1966, Quelle: arcive.org, Autor unbekannt.
Wie man die Stimmen herausfindet
Hat der Song beispielsweise die Tonart G, kann man die Hauptstimme und die möglichen Nebenstimmen schnell durch das Anschlagen des Akkordes G auf einer Gitarre herausfinden.
Da ist zunächst der Grundton G mit dem Schwingen der angeschlagenen tiefen E-Saite zu hören. Es folgt auf der A-Saite der Ton D. Das ist schon mal eine erste und schöne Ergänzung zum Grundton G. Man hat tatsächlich eine zweite Stimme, wenn eine Person das G singt und eine weitere das D.
Lyrische und „bluesige“ Wirkungen
Dominiert das D im Gesang über dem Grundton G, erhält man eine „lyrische Stimmung“. Dominiert das G in der Lautstärke, ist der Ton D die Begleitung. Sie bewirkt eine zarte Klangfarbe neben der Hauptstimme.
Weitere Stimmen lassen sich jetzt mit den einzelnen Tönen des Akkordes G finden und festlegen, indem man einfach die einzelnen Saiten des Akkordes anspielt. Besonders spannend ist es für den Doo Wop Gesangsstil, um bei der Tonart G zu bleiben, einem G eine sogenannte Septstufe zuzufügen. Im Beispiel wird dann aus G ein G7. Das klingt dann ziemlich „bluesig“.
Aufnahme des Satzgesangs
Es gibt Menschen, die haben die Gabe, einfach schon beim Hören der ersten Stimme, eine zweite Stimme spontan und sicher singen zu können. Verfügt man jedoch nicht über diese Fähigkeit, können dennoch Nebenstimmen mit einem kleinen Trick aufgenommen werden.
Zunächst wird die Hauptstimme aufgenommen. Jetzt folgen die später zu löschenden Hilfsspuren mit einzelnen Tönen des Akkords. Im Beispiel ist es der Akkord G. Das nachfolgende Bild zeigt das Prinzip.
Die Hilfsspuren mit dem jeweiligen Ton eines Akkordes dienen jetzt als Stütze. Es fällt damit leicht, die einzelnen Töne der Nebenstimmen zu treffen und parallel zum Gehörten aufzunehmen.
Die Lautstärken zwischen bereits aufgenommener Hauptstimme und dem aufgenommenen Gitarren-Stützton zur noch jeweils aufzunehmenden Nebenstimme kann man individuell für das Mithören über Kopfhörer regeln.
Die Gitarren-Hilfsspuren werden nach der gelungenen Nebenstimmen-Aufnahme gelöscht und die einzelnen Stimmen „zusammengemischt“.
Beispiel für die Aufnahme einer kurzen mehrstimmigen „Doo Wop“ Phrase. Die erste Spur gibt die Hauptstimme wieder. Die nachfolgenden Spuren geben die einzelnen Töne eines Akkordes als Stütze zum Gesang der Nebenstimmen wieder.
Hier die kurze Audiodatei zum obigen Beispiel des mehrstimmigen Gesangs im Zusammenspiel mit den Instrumenten. In der Wiederholung der Gesangsphrase sind zwei Nebenstimmen der Hauptstimme beigemischt.
Ich hoffe, diese Anleitung ist hilfreich und ich wünsche viel Spaß bei Ausprobieren!
Christian W. Eggers – 7. Mai 2024 – eggers@stompology.org – (letzte Aktualisierung dieses Artikels am 7. Mai 2024)
„Das Schlimmste was Du tun kannst, ist die Nutzung der Aussteuerungsautomatik!“ So hieß es, als die Tonbandgeräte der frühen 70er Jahre zum Mitschnitt der ersten Gehversuche als „Beatmusiker“ zum Einsatz kamen. Aber war und ist das wirklich immer so schlimm?
Besteht eigentlich die Möglichkeit die Aussteuerungsautomatik eines Röhrentonbandgerätes gezielt als Produktionshilfe bei der Begrenzung eines zu hohen Dynamikbereichs sowie als Effektgerät zur Klanggestaltung einzusetzen?
Der Versuchsaufbau mit einem Telefunken Magnetophon Automatik II. Ein Röhrentonbandgerät der 60er Jahre. Es dient auf Grund der Modifikationen lediglich als Kompressor. Das Gerät links neben dem Automatik II, ein Telefunken Magnetophon KL 85, dient als Aufnahmegerät. Für die Versuchsaufnahme von Gitarre und etwas Gesang wurde ein dynamisches Mikrofon mit Kugelcharakteristik, das Grundig GDM 121, gewählt.
Eine Aussteuerungsautomatik ist im Prinzip nichts anderes als ein Werkzeug zur Herstellung einer gleichmäßigeren Durchschnittslautstärke. Geschieht dieses auf der Basis der Röhrentechnik, so wie mit sehr alten Tonbandgeräten, sind die wesentlichen Komponenten eines der sündhaft teuren neuen Röhrenkompressoren der gehobenen Tonstudio-Elektronik zur Verfügung.
Ein Kompressor ist eine Regeleinheit, die nach bestimmten Vorgaben, die man am Gerät einstellen kann, die Dynamik eingrenzt. Vereinfacht kann man sich das als einen automatischen Fader vorstellen, der mit einer irrsinnigen Geschwindigkeit das Signal ab einer gewissen Lautstärke zurückregelt, und, sobald das Signal wieder unter diesen Schwellenwert fällt, genau so schnell wieder voll aufmacht.
Für unser Experiment haben wir, Techniker Peter Wolff und der Autor dieses Artikels, ein einfaches Röhrentonbandgerät von Telefunken aus den 60er Jahren mit der Typenbezeichnung Magnetophon Automatic II ausgewählt.
Was ist nicht gut an der Aussteuerungsautomatik der Heimtonbandgeräte?
Der Einbau der automatischen „Pegelregler“ zur Verhinderung von zu leisen sowie übersteuerten Aufnahmen war zunächst eine Marketingstrategie. Grundig, Telefunken, Saba, Uher und die vielen weiteren Hersteller der Aufnahmegeräte der 60er Jahre hatten unverholen, heute mit Sicherheit durch den Deutschen Werberat rügbar, die angeblich „technisch weniger bewanderte Damenwelt“ im Visier.
Aus „Grundig Technische Informationen“ 1963, Heft 2.
Ein Tastendruck, loslegen mit der Aufnahme und fertig. Eigentlich doch für jeden Musiker und jede Musikerin super praktisch. Kommen doch auch in hochwertigen Produktionen Pegelbegrenzer zur Verhinderung von zu lauten Signalen zum Einsatz.
Einsatz der Automatik führt zum Totalverlust der Dynamik
Aus der Sicht der Musiker und Musikerinnen gibt es handfeste Argumente gegen den Einsatz einer konventionellen Aussteuerungsautomatik eines Tonbandgerätes: sie macht alles hin!
Aus leise wird lauter; samt aller Nebengeräusche, wie beispielsweise das donnernde Rauschen des einlaufenden Badewassers in der Nachbarwohnung. Und aus laut wird leiser.
Dieser Effekt führt natürlich zu einem Verlust der Dynamik. Das kann und muss nachmal erwünscht sein, jedoch nicht in der Radikalität die einfache Aussteuerungsautomatiken der Heimtonbandgeräte mit sich bringen.
Pumpen statt Atmen
Unangenehm hörbar sind Automatiken dann, wenn beispielsweise auf einem mit Akzent gespielten Akkord eine unakzentuierter Akkord folgt. Dieser wird, soeben erklungen, gnadenlos „runtergedrückt“. Folgt nun ein weiterer unakzentuierter Akkord, reagiert die Automatik wiederum mit einer Pegelanhebung. Das gefürchtete Pumpen der Automatik ensteht. Vergleichbar dem eines falsch eingestellten professionellen Kompressors. Kurzum: Nicht nur die Dynamik der Darbietung wird zerstört. Auch greift die Automatik in die ursprüngliche Phrasierung des Spiels ein.
Modifikationen des Gerätes zum Röhrenkompressor
Wie oben dargelegt, ist die Aussteurungsautomatik sehr einfacher Diktier- und Heimtonbandgeräte für halbwegs professionelle Ergebnisse der Dynamikbegrenzung nicht zu empfehlen.
Es gibt jedoch Unterschiede von Fabrikat zu Fabrikat. Einige der Automatikschaltungen funktionieren mehr als Begrenzer zur Verhinderung von Übersteuerungen. Andere wiederum heben zusätzlich recht unsensibel leisere Töne auf ein lauteres Level an. Ebenso unterscheiden sich die Reaktionszeiten des Einsetzens der Korrekturen.
Beschreibung der Aussteuerungsautomatik zum Grundig Röhren-Tonbandgerät TK 19 automatic. Mit einer einfachen Automatik eines Diktiergerätes hatten diese Konstruktionen der Aussteuerungsautomatik kaum noch etwas gemeinsam. Aus Grundig „Technische Informationen“, 1963, Heft 2.
Weitere Informationen zur Schaltung und Konstruktion der Aussteuerungsautomatik für Röhren-Tonbandgeräte ist hier abzurufen.
Wäre der Audio-Kompressor eine Erfindung aus Deutschland gewesen, würde er Aussteuerungsautomat heißen. Beeble/drummerforum.de
Das für den Test ausgesuchte und robuste Magnetophon Automatic II zeichnet sich durch eine eher sanfte Automatik aus. Übersteuerungen werden beherzt verhindert, die Reaktionszeiten sind blitzschnell und das Anheben von leiseren Tönen geschieht moderat. Ein Trimmer im Inneren des Gerätes erlaubt das Einsetzen der Automatik ab einem bestimmten Pegelwert individuell vorzunehmen. Das Gerät ist damit das ideale Versuchsobjekt für die Modifikationen der Automatik zum Röhrenkompressor.
Modifikationen der Hardwaredes Tonbandgerätes
Bandtransport bei aktivierter Aufnahmetaste stillgelegt
Ausgangspegel-Potentiometer von 0 bis Maximal eingebaut
DIN-Buchse für das Ausgangssignal zum Mischpult oder auch direkt zum Aufnahmegerät eingebaut
Das Magnetophon AutomatikII schaltet sich, vom Werk aus so eingerichtet, mit der Verbindung zum Netz ein. Wird die Automatikaufnahmetaste (links im Bild) gedrückt, starten der Transportmotor und die Aufnahme mittels Aussteuerungsautomatik. In der Modifikation wurde der für den zu erzielenden Effekt nicht notwendige Bandtransport stillgelegt. Das „magische Band“ wurde so umfunktioniert, dass es bei relativ hohem Ausgangspegel reagiert. Es dient als Kontroll-Leuchte zur Überprüfung der Funktion des Gerätes.
Links im Bild ist der Poti zur Regelung des Ausgangssignals mit der Ausgangsbuchse zu sehen. Rechts im Bild die Buchsen für „Radio/Phono“ und „Micro“ zum Direktanschluss eines Mikrofons.
Modifikationen der Elektonik
Hier ist etwas mehr zu tun, damit das Gerät als Röhrenkompressor funktionieren kann. Die Kompression wirkt im Beispiel mit dem Gerätetyp Magnetophon Automatic II auf zwei Verstärkerstufen. Der maximale Ausgangspegel ist relativ hoch, so dass bei beim Anschluss von Halbleitergeräten (das sind diese modernen Geräte mit Transistoren 🙂 ; z. B. ein modernes Mischpult) ggf. über das Ausgangspotenziometer der Pegel entsprechend reduziert werden sollte.
Die Modifikationen im Einzelnen:
im Aufsprechentzerrungsnetzwerk wurden alle Funktionen lahmgelegt;
die dritte Verstärkerstufe wurde zur Impedanzwandlerstufe modifiziert; Katodenfolger ohne Spannungsverstärkung zur Erzielung einer niedrigen Ausgangs-Impedanz, so dass längere Kabelverbindungen möglich sind;
der Löschgenerator wurde stillgelegt;
das magische Band wurde direkt mit dem Ausgang verbunden.
Denkbar wäre noch für einen erhöten Bedienungskomfort den Trimmregler zur Steuerung der Sensibilität der Automatik auch über das Gehäuse zugänglich zu machen.
Ausschnitt des Schaltplans Magnetophon Automatik II mit nachträglichen Modifikationen des Gerätes zum Röhrenkompressor.
Eine Zusammenfassung mit genaueren Angaben der Arbeiten zum Umbau des hier verwendeten Exemplares eines Magnetophon Automatic II zum Kompressor-Gerät ist hier abrufbar.
Das Foto zeigt eine direkte Verbindung des Kompressors mit einem Bandgerät Magnetophon M 24. Das zum Kompressor modifizierte Gerät (oben im Bild) kann direkt mit einem Mirkrofon verbunden werden und das reduzierte Signal aus dem Kompressor an eine Bandmaschine ausgeben. Zum Mastering ist denkbar, das Signal einer gesamten Musikproduktion in den Kompressor zu „jagen“ und das Ausgangssignal wiederum beispielsweise mit einem Computer oder einem zweiten Bandgerät aufzuzeichnen.
Und wie klingt das Ganze nun?
Alle Theorie bleibt Theorie, wenn man der Wahrheit der Praxis nicht in das Gesicht schaut.
ErsterTestaufbau „Einüben eines Songs“
Hier nun eine Audiodatei, die einige Sekunden des Einübens eines Songs mit sehr leisen Passagen und einem kräftig lauten Akkordwechsel verbindet.
Mitschnitt vom Einüben eines Songs. Zu hören ist das Spielen von fortissimo (sehr laut) zu pianissimo (sehr leise) wieder zu fortissimo. Eine Herausforderung für einen Kompressor.
Der Screenshot der Aufnahmesoftware zeigt obiges Audio in seinen komprimierten Signalen. Die Stellen mit wenig Ausschlag wurden extrem leise gespielt. Die am Anfang und am Ende zu sehenden Ausschläge der Akkordwechsel wurden sehr kräftig gespielt.
ZweiterTestaufbau „Gesangsaufnahme in einer Produktion“
Hier wird es jetzt ernst. Das Gerät soll für die Gesangsspur einer Musikproduktion mit technisch gehobeneren Ansprüchen gegenüber der Aufnahme im ersten Test dienen.
Über den Regler zur Einstellung der Sensibilität der Aussteuerungs-Automatik im Inneren des Gerätes wurde das Einsetzten des Effektes erhöht.
Das Audio gibt das unbearbeitete Gesangssignal aus dem zum Kompressor umfunktionierten Gerät wieder. Der deutsche Text ist recht silbenlastig. Mit dem „Kompressor“ ist die Aufnahme schon fast ohne weitere Bearbeitungen brauchbar. Das Einatmen vor dem Einsetzten des Gesangs ist leise zu hören und das ursprünglich kräftig gesungene „Hey!“ im Refrain wird so „runter gedrückt“, dass es nicht durch Nachbearbeitung gezähmt werden muss.
Mit dem Eingang des zum Kompressors umfunktionierten Röhrengerätes wurde ein Mikrofon Sennheiser MD421 verbunden. Das komprimierte Ausgangssignal (Gesang) wurde direkt über ein Interface an die Aufnahme-Software des Computers weitergegeben.
Die zweite blaue Spur zeigt die Gesangsaufnahme der Produktion „Schaubitz Blues“. Hier wurde zur Demonstration der Wirkungsweise des Kompressors ebenfalls keine Bearbeitung vorgenommen.
Fazit zum Eigenbau eines Röhrenkompressors aus einem Tonbandgerät
Bedenkt man, dass für einen neuen und noch günstigen Röhrenkompressor der Studioelektronik mindestens 1.000 Euro (bis zu 30.000 Euro für einen fabrikneuen „Fairchild“) auszugeben sind, erscheint der Selbstbau mittels Modifikationen alter Röhrenbandmaschinen eine Lösung, bei der man mit den fehlenden Einstellmöglichkeiten der Profi-Geräte gut leben kann. Die Anschaffung eines einfachen Heimtonbandgerätes mit Aussteuerungsautomatik ist für unter 50 Euro inklusive Versand möglich. Aufwendiger wird die Sache natürlich, wenn die Modifikationen nicht selber durchgeführt werden können.
Warum eigentlich unbedingt ein Kompressor auf Röhren-Basis?
Die Kombination aus Röhrenverstärkung und Pegelreduzierung soll für eine natürliche und organische Qualität des komprimierten Signals sorgen.
Das Testergebnis (Audio) ist vielversprechend. Denn die Automatik hat tatsächlich wie ein „sanft“ und richtig eingestellter Kompressor für eine Vintage-Produktion reagiert. Bedenkt man, dass bei Vintage-Aufnahmen mit Röhrengeräten zusätzlich noch die Bandkompression hinzukommt, sollte man es auch lieber bei weniger als mehr belassen. Für Techno, Speed-Metal und alles, was richtig ballern soll, würde unserer Röhrenkompressor im Selbstbau natürlich nicht ausreichen.
Ich bedanke mich für das Lesen dieses Artikels. Ich freue mich über Rückmeldungen und auch darüber, wenn der Artikel Anregungen gegeben hat oder auch einfach nur unterhaltsam war.
Christian W. Eggers – 21. April 2024 – christian@stompology.org – (letzte Aktualisierung dieses Artikels am 25. Mai 2024)
Es gab eine Zeit, zu der Musikanlagen in luxuriösen Möbelstücken als Musiktruhen die Wohnzimmer zierten. Lautsprecherboxen bezeichneten die Hersteller als Klangboxen und passend zu diesen Ungetümen wurden weitere geheimnisvolle Geräte zur Klanggestaltung angeboten.
Eines dieser Zusatzgeräte war die Grundig Raumhall-Einrichtung HVS 1. Mit diesem Gerät und dem Vorgängermodell auf Röhren-Basis zum Einbau in Musikschränke konnte der Klang der 50er und 60er Jahre mächtig „aufgeblasen“ werden.
Die HSV 1 Raumhall-Einrichtung ist in einem soliden Gehäuse untergebracht. Der Tank der Hallspiralen ist mit Federn aufgehängt. Die Hallspiralen „arbeiten“ so bei Erschütterungen störungsfrei. Den eigentlichen Halltank mit seinen Federn bezog Grundig aus den USA.
Einsatz der Hall-Einrichtung im Homerecording
Der Einsatz von kleinen, aktuellen Federhall-Tanks bei der Aufnahme von Songs wurde bereits in einem früheren Artikel beschrieben. Das funktioniert schon recht gut.
Es geht aber, wie meist, noch besser. Mit etwas Glück lässt sich über Kleinanzeigenmärkte ein „echtes“ Federhallgerät aus der glorreichen Zeit der deutschen Unterhaltungselektronik erwerben. Und mit noch mehr Glück funktioniert so ein Gerät auch ohne die sonst üblichen Reparaturen alter Tontechnik.
Mehr „Vintage“ geht kaum und tatsächlich bieten die robusten Grundig Spring Reverbs mit ihrer Verstärkereinheit und einer voreinstellbaren Hallintensität über den „Nachhall-Grobregler“ einen reinen und störungsfreien sowie kräftigen Hall-Effekt.
Ausschnitt aus „Grundig – Technische Informationen Januar 1964“.
Dem Einsatzgebiet für Aufnahmen mit dem typischen Hall der 50er und 60er Jahre sind eigentlich keine Grenzen gesetzt. Richtig Spaß macht dieser Uralt-Hall bei Sprach- und Gesangaufnahmen. Auch die Snare Drum bekommt bei Zumischung eines Federhalls einen „bauchigen“ Klang vergleichbar mit dem Schlagzeugsound der historischen Aufnahmen von Bill Haley.
Natürlich hat das Hallgerät im Stompology-Mini-Studio ein standesgemäßes Zuhause in einem Gehäuse eines Tonbandkoffers Grundig TK 30 bekommen. Ausgerüstet ist der Eigenbau mit Klinkenbuchsen für das Eingangs- und Ausgangssignal der Grundig Hall-Einrichtung. Die Klinkenbuchsen sind mit der DIN-Buchse des Hallgerätes verbunden.
Kurze Demonstration der Halleinheit über ein Mischpult zur Regelung des Effktanteils. Über den Send- und Return-Kanal des Mischpults wird das Hallsignal dem „trockenen“ Signal beigemischt. Auf Grund der Vorverstärkung der Hallspiralen in der Baueinheit HSV 1 wird das Signal recht kräftig und gut regelbar ohne Störgeräusche zumischbar.
Ich bedanke mich für das Interesse und freue mich, wenn dieser Artikel zum Ausprobieren der „alten“ Technik animiert. Es lohnt sich!
Christian W. Eggers – 7. April 2024 – christian@stompology.org (letzte Aktualisierung dieses Artikels am 7. April 2024)
Bildnachweis zum Titelfoto dieses Artikels. Quelle: Bundesarchiv via wikimedia ; Bildautor: Krueger, Lizenz: This file is licensed under the Creative CommonsAttribution-Share Alike 3.0 Germany license. Original Caption: Zentralbild Krueger 14.1.1957 „Lohangrin“ und „Caruso I“ aus Luckenwalde. Als Zubringerbetrieb für den VEB Stern Radio Staßfurt baut die Tonmöbelfabrik Wilhelm Krschlok in Luckenwalde Musiktruhen. Seit einem Jahr läuft bereits die Serie von Typ „Lohangrin“. Eine Entwicklung des Betriebes, die Musiktruhe „Caruso I“ wird im starken Maße nach Westdeutschland exportiert. Die Inhaber des Betriebes, Herr Krschlok, der mit staatlicher Beteiligung arbeitet, bezeichnete die Materialversorgung, die Zusammenarbeit mit dem Rat des Kreises, den staatlichen Organen und der Notenbank als sehr gut. UBz: „Lohengrin“-Gehäuse in der Poliererei.
Was waren meine Freunde und ich doch für bemitleidenswerte Idioten. Jedenfalls gemessen an den bahnbrechenden Innovationen der Musikproduktion und ihrer nunmehr endlich fehlerfreien Präsentation mit Hilfe der Künstlichen Intelligenz.
Ich war ja schon begeistert, als man die Drummer abschaffen konnte. Diese ungelernten Blödmannsgehilfen-Anwärter haben sich doch tatsächlich erlaubt vom digitalen Timing-Raster abzuweichen. Geradezu abschreckender Dilettantismus. Für die Abweichungen ist das Humanizer-Programm zuständig. Klingt doch irgendwie noch echter. Und dann noch diese Laut-Leise-Schwankungen! Wo kommen wir hin, wenn jeder meint er könne seine Emotionalität mit Holzstöcken ausleben. Steinzeit!
Schluss mit dem Ringen um Töne. Ein wenig Kleingeld per PayPal an den KI-Dienstleister und fertig.
Inzwischen waren Programmierer ja fleißig und haben diesen ganzen Klüngel der Ego-Diven samt ihrer albernen Musikinstrumente und stinkender Verstärker zum Teufel gejagt. Das gilt es zu feiern! Kann ich doch endlich meine Kreativität ungestört vom Schreibtischstuhl aus ausleben.
Das ist nun mal Fortschritt. Wer das nicht versteht und sich mit Unterricht, Diskussionen, Fehlschlägen und mit Kollege „Ich kann heute nicht; habe Zahn“ abmüht, dem ist doch nicht mehr zu helfen.
Nun also die Sängerinnen und Sänger!
Es wurde Zeit. Wir fliegen zum Mond und sind so wunderbar erfinderisch. Nur bei der menschlichen Stimme stagnierte der Fortschritt. Jetzt der Durchbruch: Schluss mit dem Ringen um Töne. Ein wenig Kleingeld per PayPal an den KI-Dienstleister und fertig. Was soll das Abmühen, man reist ja heute auch nicht mehr mit der Kutsche. Das Rumgeknödel war doch ekelhaft. Wer interessiert sich denn für den Ausdruck und die Individualität eines Sängers, einer Sängerin?
Wer will schon diese Oldschool-Schinken oder gar in der Farbe rühren?
Hier geht es um Höheres. Wir wollen doch professionell sein und hätte Rembrandt damals die KI zur Verfügung gehabt…, was wären das für herrliche Werke geworden. Wer will schon diese Oldschool-Schinken oder gar in der Farbe rühren?
Überhaupt: Manuelle Kunstfertigkeit wird überschätzt. Davon reden nur die ignoranten OK Boomer, die denken ein Computer sei eine Weiterentwicklung der elektrischen Schreibmaschine.
Christian W. Eggers – 25. März 2024 – christian@stompology.org
PS: Es handelt sich um eine Satire anlässlich der gefeierten Einführung von KI-Diensten zur Erstellung von Gesang in Musikproduktionen.