Famous Grooves – „Albatross“ Fleetwood Mac

Als der Instrumental-Song Albatross am 22. November 1968 erschien, war die wachsende Fan-Gemeinschaft der englischen Retro-Bluesband Fleetwood Mac nicht einhellig begeistert. Noch heute scheiden sich die Geister:  „Weichspüler-Blues“ ist noch eine der milderen Beschimpfungen. (1)

„Als Peter Green den Miesepetern, die den Nummer 1-Hit schlicht als Abfall abtaten, anschließend den Marsch blies, hatte er schlicht recht: ‚Was ihr heute verachtet und sogar als Abfall bezeichnet, wird in 30 Jahren immer noch mit Begeisterung gehört werden! Ich werde mich niemals durch eure Angriffe von Albatross distanzieren.‘ “ (2)

Wurzeln und Früchte

…the blues are the roots and the other musics are the fruits.

Willie Dixon

In ein versönhliches Licht rückt ein berühmter (Halb-) Satz des Bluesmuiskers Willie Dixon auch den Song Albatross: …the blues are the roots and the other musics are the fruits. (3) Wenn man schon das Etikett “Blues” nicht für den Song hergeben mag, dann ist er eben eine Frucht, die der Band ein neues Publikum jenseits der Dust My Broom Gitarren-Riffs erschlossen.

Albatross erschien am 22. November 1968 als Single. Die B-Seite enthielt den Song
Jigsaw Puzzle Blues. Zur Zeit der Aufnahme bestand die Band aus Peter Green, Danny Kirwan, John McVie und Mike Fleetwood. Der Song schaffte es auf Platz 1 der britischen Charts

Den Beatles muss der Intrumental-Hit jedenfalls auch gut gefallen haben. So ist auf dem Album Abbey Road von 1969 eine deutliche Anleihe an Albatross mit dem Song Sun King (Video) zu hören.

Der Song „Albatross“ von Fleetwood Mac

Erfolgreiche Kompositionen haben häufig erste Gehversuche hinter sich gebracht.

Verwandtschaften: Albatross klingt ein wenig nach Santo & Johnny’s „Sleep Walk„, 1959) (Video) und besonders nach Chuck Berry’s Instrumental „Deep Feeling“ (Video) aus dem Jahre 1957. (4) Wo Chuck Berry das nun wieder her hatte? Klar, aus dem Blues. Oder auch aus der Country-Music?

Aufgebaut ist Albatross im Blues „call and answer style“ und in 12/8-Takte – auf der Grundlage einer konstanten Bassfigur und den Akkorden Emaj7 und F#m – aufgeteilt.

Der Groove – Ein „orchestraler“ Shuffle

Wie kann man den Drumpart von Albatross beschreiben? Technisch betrachtet handelt es sich um einen Shuffle der orchestral gespielt wird. Zum Einsatz kommen Mallets (Filzschlägel), ein mittelhohes und ein tief gestimmtes Tom sowie ein großes Becken. Die entspannte Atmosphäre entsteht durch das langsame Tempo (66 bpm), dem weichen Klang der Toms sowie durch das Beckenrauschen, welches die Assoziation zum Meeresrauschen weckt. Man kann den Albatross auf hoher See über brechende Wellenkämme majestätisch im Gleitflug kreisen sehen.

Unterschiedliche Spielweisen des Grooves

In einer Live-Aufnahme des WDR (Video) ist zu sehen, dass beide Toms und das Becken (unregelmäßig auch auf „Und“) gleichzeitig angeschlagen werden („Double Hand Shuffle“). Die nachfolgende Notation der Toms basiert auf der Schlagabfolge, wie sie in dem WDR Video zu sehen ist. Die Becken auf den „Und-Zählzeiten“ ist im nachfolgenden Audio-Beispiel durchgängig gespielt.

Interessant ist an dieser Variante ist das auf den „Und-Achteln“ leicht angeschlagene Becken. So ensteht ein schönes Rauschen an „unerwarteter Stelle“
Hörbeispiel Albatross – Das Beckenrauschen wird durch zwei Metall-Nieten verstärkt und verlängert (Sizzle Ride Becken)
Basis-Groove „Albatross“ mit Sechstole Becken Roll

Eine einfache Alternative der Spielweise zu den oben gezeigten, beschreibt die Fachzeitschrift Sticks. (5) Der Puls (erstes Triolenachtel) wird auf dem höheren Tom gespielt und die Shuffle-Note (drittes Triolenachtel) wird auf dem tiefen Tom angeschlagen. Diese „Hand to Hand“ Spielweise nur auf dem tiefen Tom gespielt ist in diesem Fleetwood Mac Live-Video-Zusammenschnitt aus einer Sendung des NDR von 1969 ab Minute 38:05 zu sehen. Leider wurde das Video inzwischen auf YouTube gelöscht.

Der Studio-Aufnahme der Single wurden die Becken-Rolls wahrscheinlich im Overdub-Verfahren hinzugefügt. (5)

Einüben von langsamen Shuffle-Grooves

Die Grafik zeigt das Shuffle-Prinzip. Auf den Puls werden drei Achtelnoten (also, eine Achtetriole) verteilt. Das erste Triolenachtel markiert den Puls, das zweite Triolenachten pausiert und das dritte Triolenachtel wird wieder gespielt. Im langsamen Tempo kann so zum Einüben des Zeitgefühls gezählt werden: „tri-oh-la“.

Der Drummer – Mike Fleetwood

Über Mike Fleetwood ist viel geschrieben worden. Und auch Mike Fleetwood schreibt selber über sein Leben (6) und steht für Interviews immer mal wieder zur Verfügung, wie seiner Website zu entnehmen ist. (7)

Mike Fleetwood in 2013, surrounded by his extensive drum kit – Foto: Joe Bielawa auf flickr.com– via wikipedia – Lzenz CC BY 2.0

Der junge Mike hatte das Glück, dass er Eltern hatte, die seinem Talent nicht im Wege standen. So erlaubten sie ihm im Alter von fünfzehn die Schule zu verlassen und nach London zu ziehen. Dort gelang es ihm in der aufblühenden britischen Blueszene Fuß zu fassen und nach wenigen Jahren seine eigene Band mit Peter Green zu gründen. (8)

Neben seiner Tätigkeit als Musiker, ist Mike Fleetwood Schauspieler. Er hat in zahlreichen Fernsehproduktionen und Spielfilmen mitgewirkt.

Eine Schlagzeug Lern-DVD hat Mike Fleetwood vor einigen Jahren veröffentlicht. (9) Sie hat den schönen Titel, der hier auch als Schlusswort dienen soll,

„It’s not just Technique“.

Christian W. Eggers – (letzte Aktualisierung dieses Artikels am 8. Februar 2022) christian@stompology.org

PS: Auf ein Foto des Vogels Albatross habe ich verzichtet. Erstaunlich, wie viele Seemöven als Albatross von Stockagenturen angeboten werden. 🙂

Quellen

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