Gallop Rhythm und der Sommer

Recherchiert man über eine Suchmaschine den Begriff „Galopprhythmus“, wird man zunächst meist auf einen bedrohlichen kardiologischen Befund verwiesen. In der modernen Popmusik taucht der Begriff insbesondere im Bereich Heavy Metal auf. Mit etwas Suchen lassen sich Galopprhythmen (engl. Gallop Rhythm) aber auch in der frühen Popmusik finden.

Die Stompology Hausband Archie Ancora & His Motorboats hat es sich nicht nehmen lassen einen Song im Gallop Rhythm als Beispiel zur Spielweise dieser treibenden Beats aufzunehmen. Der Song Leicht ergänzt einen Artikel über den Gallop Rhythm; einen Beat, den vor langer Zeit Ringo Starr für den Rock’n’Roll entdeckt hat.

Leicht wurde mit der Unterstützung des Schlagzeugers und Produzenten Christoph Buhse aufgenommen. Archie und die Jungs haben sich riesig gefreut. Dank für den Refrain und den Mix!

Gallop Rhythm als wesentlicher Kompositionsbestandteil eines Songs

Ein berühmter Groove der 70er im Gallop-Stil ist mit den Beatles in dem Song Get Back zu hören. Mit einem zehn Jahre früheren Song (1960) ist ein Rhythmus dieser Art in dem Song Apache von den Shadows ebenfall zu einem Hit geworden. Beide Songs haben bis auf den Beat kaum Gemeinsamkeiten. Gut zu hören und zu fühlen ist jedoch, dass sich mit der Galoppgeräusche imitierenden Rhythmik am Schlagzeug Spannung und Energie in eine Komposition bringen lässt.

Zwei Spielarten der Gallop Rhythmen

Gemeinsam ist den Galopp Rhythmen die konstante Kombination von einem Achtel- und zwei Sechzehntelschlägen pro Pulsschlag.

Spielweise 1: Einem Achtelschlag folgen zwei Sechzehntelschläge. Zählweise pro Viertel: „Eins un-de – Zwei un-de – Drei un-de – Vier un-de“.

Spielweise 2: Zwei Sechzehntelschlägen folgt ein Achtelschlag. Zählweise pro Viertel: „Ei-ne und Zwei-e und Drei-e und Vier-und“,

Unterschied zum swingenden Train-Beat und zum Swing-Pattern

Auch wenn die Schlagabfolgen eines Train-Beats im Stil von I Walk the Line (Johnny Cash) und des Swing-Patterns im Notenbild der Abfolge des Gallop-Rhythm in der Spielweise 1 (Notenzeile ganz oben) gleichen, liegen dem Train-Beat und dem Boogie-Shuffle ein entspanteres Spielgefühl zu Grunde.

Gallop Rhythmen basieren nicht auf Triolen wie im Shuffle, sondern auf 16teln, wodurch die Schläge gleichmäßiger, fließender wirken. Durch die „fehlenden“ 16tel (im ersten Groove auf den einzelnen Vierteln und im zweiten Groove auf den Offbeats) klingt der Groove dann wie ein Pferdegetrappel.

Gallop Rhythmus eben!

Viel Freude am Ausprobieren eines Gallop Rhythem; bis bald und let there be drums!

Christian W. Eggers – 8. August 2024 – christian@stompolog.org (letzte Aktualisierung dieses Artikels am 8. August 2024) Dieser Beitrag ist eine Aktualisierung des Artikels vom 17. Juni 2023 zur Spielweise von Gallop Rhythm. Letzte Aktualisierung dieses Beitrags am 20. August 2024.

Bildnachweis Teaser „Sonnenuntergang“:

Bildnachweis Pferde-Foto

Extended Fan Club Version „Schaubitz Blues“ – Surfen im Offbeat

OK! Der „Schaubitz Blues“ ist in seiner ersten Version gefloppt. Der ohnehin nur aus zwei Mitgliedern bestehende Fan Club droht zu bröckeln. So darf es nicht weitergehen. Archie und seine Jungs mussten professionelle Hilfe aufsuchen.

„It’s very hard to please the people every single time!”

Ein inzwischen privatisierender Musikproduzent, der hier im Zusammenhang mit Archie ausdrücklich nicht genannt werden will, meinte: „Macht mal das Ding schneller und mehr nach vorne gespielt.“

Kein echter Geheimtipp, den wohl jeder Musikproduzent der alten Schule gibt, wenn er gelangweilt ist.

Dazu befragt, sagte uns Archie mit seinem Hang zur Theatralik im Hamburger Akzent: „It’s very hard to please the people every single time!” und verdrehte die Augen Richtung Himmel.

Die Jungs haben sich, so konfrontiert mit der Härte des Showbusiness, mächtig angestrengt und gleich schon mal vorsorglich etwas Begeisterung in den Song gemischt.

Hier ist er nun im neuen Surf-Beat Gewand: der „Schaubitz Blues – The Extended Fan Club Version“.

Audio zum Schaubitz Blues – The Extended Fan Club Version. Hier wurde das Audio mit einer Bandmaschine „gemastert“.

Was wurde aus der ersten Version? Auf Wunsch der sensiblen Künstler haben wir „das Experiment“ gelöscht.

Surfen im Offbeat

Und nun zum eigentlichen Thema, dem Schlagzeugspiel. Das scheint nach dem ganzen Theater mit der Band etwas in den Hintergrund zu geraten.

Zum Grooven in der neuen Version des „Schaubitz Blues“ haben sich die Jungs eines Surf-Beats bedient.

Mit dem Surf-Beat wurde nach Ansicht einiger Musikhistorikerinnen und -historiker die DNA für das moderne Rockschlagzeug erschaffen.

Eine treibende Variante ergibt sich, wenn der Basis-Surf-Beat mit Offbeats (Schlägen, die nicht auf dem Puls liegen) angereichert wird. Hier geht es zum Artikel mit Schlagzeug-Noten und Hörbeispielen zum Surfen im Offbeat.

Ich wünsche Freude beim Anhören und Experimentieren! Auch dann, wenn Experimente schief gehen können.

Christian W. Eggers – 10. Juli 2024 – christian@stompology.org (hoffentlich letzte Aktualisierung am 10. Juli 2024)

Time Roll Grooves

„Die Füße sind für das Tempo einhalten zuständig. Die Hände sind für Verrücktheiten da.“ So lautet eine grundlegende und frühe Idee der ersten New Orleans Musiker, die ab den 1920er Jahren ein Drum Set nutzten. (1)

Eine dieser schönsten Verrücktheiten der Hände, übernommen aus den New Orleans Brassbands, sind die „Time Rolls“.

Definition „Time Roll Groove“

Ein Time Roll besteht aus sogenannten „gepressten Wirbeln“, den Press Rolls, die nicht als Verzierung sondern als Bestandteil eines Grooves auf der Snare Drum gespielt werden. Bekannt ist diese Art des „Wirbelns“ aus der Marschmusik. Über die New Orleans Paraden gelangten die Press Rolls in den frühen Jazz.

Press Rolls als Ausgangspunkt

Wie der Name „Press Roll“ schon impliziert, entsteht er durch einen Stick-Schlag auf das Fell der Snare Drum und einem anschließenden Druck so, dass man nicht mehr einzelne Noten hört, sondern eine Vielzahl von Anschlägen. Man kann es auch so sagen: aus „Tack“ wird „Drrrrrrrrrr“.

Press Rolls als Groove-Element

Werden diese „drrrrrrrrrr’s“ jetzt konsequent durchgehend in einem Groove gespielt, kann von einem Time Roll Groove gesprochen werden. Heute sind diese Grooves meist im sogenannten Dixie Land Jazz zu hören. Das mag dazu beitragen, dass dieser Spielweise etwas Angestaubtes anhaftet.

Wirkung vom Time Press Rolls

Kein bisschen „Oldskool“ klingen Time Rolls im Groove eines R&B Songs. Ganz im Gegenteil! Gleich ob binär oder ternär gespielt: Time Press-Rolls als festes Element eines Grooves verleihen einem Song Melodik und rhythmische Intensität.

Beispiel für einen Time Press Roll Groove

Die nachfolgende Notation zeigt ein Beispiel für einen Time Press Roll Groove. Im ersten Takt sind die Press Rolls auf den Zählzeiten Zwei und Vier des 4/4 Taktes zu hören. Im zweiten Takt der Figur folgen auf der Eins und der Zwei „normale“ Achtelschläge und auf der Drei und der Vier Viertelschläge. Wichtig ist es die Vier mit einem Akzent zu spielen. Damit erhält der Groove seinen „Second Line Charakter“, der ihn eben deutlich von einem europäischen Marsch mit den Bezugspunkten der Eins und der Drei unterscheidet.

Notation eines Beispiels für einen Time Roll Groove. Die mit einem Z gekennzeichneten Notenhälse markieren die Press Rolls. Bass Drum und Hi-Hat liegen hier auf den Vierteln im Two Beat, also dem fortlaufendem Wechsel von Bass Drum und Hi-Hat auf dem Plus der Figur.

Das Video zeigt einen Time Roll Groove in einem kurzen Ausschnitt eines R&B Songs im Stil der 60er Jahre. Der vollständige Song ist hier zu hören und nicht als Aufforderung zum Unterlassen von Time Rolls zu verstehen: Lass es lieber sein!

Spieltechnik Time Press Rolls

Anders als in der Marschmusik werden die Press Rolls in Time mit einem lockeren Griff erzeugt. Die Hände müssen sich öffnen, damit der Stick rollt.

Im Beispiel rollt die linke Hand. Das geht mit dem Traditionel Grip sowie dem Matched Grip gleichermaßen gut. Wichtig ist lediglich die lockere Stickhaltung.

Der Traditional Grip oben im Bild erklärt. Der Stick in der Linken kann für Press Rolls „umgedreht“ werden, damit sein Eigengewicht zum Federn ausgenutzt wird.

Vielen Dank für das Lesen und ich wünsche Inspiration und Freude am Ausprobieren.

Christian W. Eggers – 28. Mai 2024 – christian@stompology.org (letzte Aktualisierung dieses Artikels am 28. Mai 2024)

Fußnote (1): Aukes, Antoon; Second Line – 100 Years Of New Orleans Drumming, Seite 25, (C. L. Barnhouse)

Bildnachweis Titelfoto (Teaser ganz oben): McElspeth auf pixaby, Autorenprofil, Lizenz

Lass es lieber sein! – Der Film

Die stompology.org Hausband „Archie Ancora & His Motorboats“ hat es sich nicht nehmen lassen einen Song zum Thema „Brassband Groove und swingende Spielmannszüge“ beizusteueren.

Nun ja, zum Glück war die Kamera dabei und so sollen die Oldskool-Mucker Archie und die Jungs hier ihren Platz mit einem eigenen Posting bekommen.

Eigentlich braucht es keiner weiteren Worte. Ich hoffe, der Song läd zum Tanzen und Schwenken der Taschentücher wie in einer Second Line Parade ein.

Christian W. Eggers – 15. Mai 2024 – christian@stompology.org