Wie die Hinterwäldler das Rocken entdeckten

Dass Rhythmus nicht allein eine Sache des Schlagzeuges ist, ein Groove erst im Zusammenspiel mit der Band „rund“ wird, ist eine bekannte Tatsache. Aber wie funktioniert das genau? Olaf Klemm und Alexander J. Schneider von der Band Rockabillity haben sich mit diesem Thema am Beispiel ihrer Musik Rockabilly beschäftigt. Unter anderem geben die Beiden Einblicke in die perkussive  Spielweise der Slap Technik am Kontrabass und wie diese in die Musik integriert wird.

„Wie die Hinterwäldler das Rocken entdeckten“ – Ein Gastbeitrag von Olaf Klemm und Alexander J. Schneider

Als erster professionell aufgenommener Titel im Rockabilly Stil gilt That’s Allright Mama mit Elvis Presley, Scotty Moore an der Gitarre und Bill Black am Kontrabass. Die Originalversion des Songs wurde knapp zehn Jahre zuvor (1946) von dem Bluesgitarristen und Sänger Arthur „Big Boy“ Crudup geschrieben und in Chicago beim R&B Label RCA Victor mit Crudup aufgenommen und veröffentlicht. In der von Elvis Presley erschienenen Version, produziert von Sam Phillips, wurde der Song 1954 ein weltweiter Erfolg. Auf eine Schlagzeugbegleitung wurde verzichtet.

Die Plattenindustrie hatte das Etikett „Rockabilly“ zu dieser Zeit jedoch noch nicht für sich entdeckt. Erst in den 1980er Jahren mit der Band Stray Cats mit Frontmann Brian Setzer wurde Rockabilly als „Neo Rockabilly“ international bekannter.

Die Wortschöpfung „Rockabilly“

Der Wortendung „billy“ im Begriff Rockabilly ist abgeleitet von der historischen Verwandtschaft zur Hillbilly/Bluegrass-Musik. Hillbilly, inhaltlich Hinterwäldler oder Landei, ist ein meinst abfälliger Ausdruck für eine weiße Person aus dem südlichen, ländlich, bergigen, Teil der USA mit einem Mangel an Bildung und Kultiviertheit, was letztlich auch zum eher unattraktiven, unpopulären Image der Musikrichtung führte und einer großflächigen Verbreitung hinderlich war.

Der erste professionell aufgenommene Titel im Rockabilly Stil war 1954 That’s Allright Mama, gespielt von Elvis Presley, Scotty Moore an der Gitarre und Bill Black am Kontrabass.

Stil oder nur ein Etikett?

In den Anfängen fungierte der geslapt gespielte Kontrabass als Schlagzeugersatz. Dies soll wohl auf das konservative Reglement der Country Musiker, insbesondere der Grand Ole Opry in Nashville zurückgehen, die sich als bläser- und schlagzeugfreie Zone den „alten Werten der Vorfahren“ verpflichtet sah.

Inwieweit die Schlagzeugfreiheit mit dem „No Drumming Law“ der USA zusammenhängt, das Trommeln generell verbot, um die Kommunikation der Sklaven untereinander zu unterbinden, kann an dieser Stelle nicht belegt werden, die Vermutung liegt aber in Anbetracht der historischen Verbindung zur Country Music und zum weißen Western-Swing der Farmer nahe.

In den Anfängen fungierte der geslapt gespielte Kontrabass als Schlagzeugersatz.

Die klassische Triobesetzung (Gitarre/Gesang, Kontrabass, Schlagzeug) wird bisweilen mit Saxophon oder Klavier aufgestockt. Auch sind traditionelle Instrumente, wie Banjo, vereinzelt zu finden. Dies kennzeichnet die Verwandtschaft zum Hillbilly und Bluegrass sowie anderen Countryeinflüssen.

Wegen der Artistik während der Show und dem Herumturnen mit und auf dem Instrument wird eine gewisse Stabilität vorausgesetzt.

Kontrabass Spielweisen

Heutzutage werden im Rockabilly Kontrabässe mit gesperrten Hölzern eingesetzt. Wegen der Artistik während der Show und dem Herumturnen mit und auf dem Instrument wird eine gewisse Stabilität vorausgesetzt.

Um live die perkussiven Slapgeräusche gesondert abnehmen und ggf. unterschiedlich kanalisieren zu können, werden zweiteilige Abnehmersyteme angeboten, bei denen neben dem Steg Pickup ein zweiter Abnehmer zur Montage unter dem Griffbrett existiert. Hierbei kann i.d.R. das Mischungsverhältnis eingestellt werden. Zumal beide Abnehmer auch unterschiedliche Frequenzbereiche hören. Notwendig ist die Zweiteilung jedoch nicht, da die Stegabnehmer die perkussiven Elemente ebenfalls hören.

Am Steg des Kontrabasses angebrachter Tonabnehmer

Slap Technik am Bass

In der Regel werden im 4/4 Takt die Saiten wie beim Wechselbass angerissen, um den gegriffenen Ton zu erzeugen und dann die Saite auf das Griffbrett „aufklatschen“ zu lassen oder eben die Saite für den Shufflerhythmus nochmals nach unten zu schlagen. Wobei das Zupf/Slap-Muster jeweils zum Schlagzeugrhythmus angepasst wird.

Diese Slap Technik, ursprünglich aus dem Dixieland Swing stammend, ist aber auch in anderen Musikstilen als frische tolle Farbe einsetzbar.

Notengrafik 1: Double Slap mit Wechselbass – „Bom Tschak!  Bum Tschak!“ Die „X-Noten“ zeigen Slap Klänge
Notengrafik 2: Shuffle „Bom Tack-a – Bom Tack-a“ – Die „X-Noten“ zeigen Slap Klänge

Demonstration der Slap Technik am Kontrabass

Die Gitarre und das Zusammenspiel mit dem Kontrabass

Die Gitarre setzt eher vereinzelte gepickte Harmonien, spielt zeitweise Boogielines oder unterstützt mit einem an das Travis Picking (ein nach Gitarrist Merle Travis benanntes Zupfmuster) angelehnte Pickingeinlagen (wie Double Stops und Banjo Rolls) und unterstützt den Gesang bzw. wechselt sich mit diesem ab.

Olaf Klemm und Alexander J. Schneider von der Band Rockabillity zeigen wie Gitarre und Kontrabss im Zusammenspiel klingen

Die Gitarre wird meistens mit einem Slap Back Delay, einem Echo mit nur einer einzelnen kurzen Wiederholung beaufschlagt, was den typischen Sound deutlich prägt.

Generell sind Gitarren mit Single Coil Pickups zu bevorzugen. Diese liefern den sogenannten „Twang“. Bei Gretsch sind es bisweilen auch doppelspulige Tonabnehmer (Filter’tron), jedoch ist deren „Sichtfeld“ schmaler als bei den üblichen Humbuckern. Daher gehen sie klanglich eher in Richtung Single Coil Pickup.

Bevorzugte Gitarren: Gibson ES-330TDC, Gretsch mit Filter’Tron oder Bigsby Pickups sowie Fender Telecaster (siehe Diashow oben).

Anfangs wurden akustische Stahlsaiten-Gitarren genutzt (Elvis nutzte z.B. die Gibson J-200 von Scotty Moore). Mittlerweile werden jedoch hauptsächlich E-Gitarren, vorwiegend Hollowbodies von Gretsch oder Gibson eingesetzt. Zudem wird auch die musikalische Universalwaffe Fender Telecaster genutzt.

Als Verstärker sind meist Röhrenverstärker, von alten Fender Tweed Amps über Princeton bis zum Dual Showman, im Einsatz.

Leichtes Gepäck – Das Drumset

In der Regel werden kleine Sets, lediglich bestehend aus Snare, Bassdrum, Hi-Hat und einem Crash- oder Ridebecken, manchmal noch mit einem Standtom, gespielt. Häufig auch als Cocktail-Set mit, von unten angeschlagener, stehender Bassdrum. Oftmals stehen die Drummer beim Spiel.

4. Juni 2022 – Autoren: Olaf Klemm und Alexander J. Schneider von der Band Rockabillity – Kontakt und Website: www.rockabillity.de

Olaf Klemm und Alexander J. Schneider stellen ihre Band vor

Rockabillity – Die Band aus dem schwäbisch-fränkischen Wald

Die Band Rockabillity ist ein klassisches Trio bestehend aus Alexander J. Schneider am Kontrabass, Olaf Klemm Gesang, Gitarre, Ukulele und ehemals Markus Berg am Schlagzeug und Gesang. Neben der Freude am Musik machen bieten sich weitere unbeabsichtigte Parallelen an.

Mit der Bandherkunft und dem Proberaum am Rande des schwäbisch-fränkischen Waldes bietet sich die Assoziation zur historischen Herkunft der zweiten Namenshälfte  „Billy“ an. Ländliche, bergige Gegend im Süden des Landes etc. 🙂

Die Band greift einerseits in die historische Repertoireschublade von Rockabilly, Country-Swing, Jump-Blues, bietet aber auch genauso modernere Titel in der handelsüblichen Rockabillyzubereitung.

Der Bezug auf mangelnde Bildung und Kultiviertheit wird von der Band eher augenzwinkernd und selbstironisch mitgeführt. Rockabillies und Rockebellas nehmen sich i.d.R. selbst nicht sooo ernst, sind aber eine nette aufgeschlossene Szene.

Der Bandname suggeriert einerseits Rockabilly, was einen bei einem Auftritt auch erwartet. Wobei die lautmalerische nachgeahmte Endung „abillity“, auf den engl. Begriff „ability“ (mit einem „l“) für Fähigkeit/Fertigkeit steht. Demnach, die Fähigkeit zu rocken. Na, wenn das nichts ist!

Kontakt: www.rockabillity.de

Veröffentlicht von Christian W. Eggers

Drummer aus Kiel in Schleswig-Holstein. "Drummer machen Fehler, die meistens laut sind."

Ein Kommentar zu “Wie die Hinterwäldler das Rocken entdeckten

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