Das unberechnbare Showgeschäft produziert seltsame Geschichten und Wunder. One-Hit-Wonder! Eine kaum an Skurrilität zu übertreffende Geschichte ist die des Songs Surfin‘ Bird und der Surf-Band The Trashmen (Die Müllmänner) aus Minneapolis. Vielleicht hatten die Beach Boys recht: „…everybody had an ocean“. Minneapolis liegt im Mittleren Westen der Vereinigten Staaten am Mississippi River.
Wie ein einfacher Beat der regionalen Modeerscheinung „Surf Sound“ zu einem DNA Baustein des modernen Rockschlagzeugs wurde und wie du diesen Beat spielen kannst, davon handelt dieser Artikel.
Der Song „Surfin‘ Bird“
Den Prototyp des puren Surf Beat beinhaltet der spektakuläre Songs Surfin’ Bird. Dazu gleich mehr.
Well, everybody knows
Surfin’ Bird ist eine Kombination der Stücke The Bird’s the Word und Papa-Oom-Mow-Mow der Doo-Wop-Gesangsgruppe The Rivingtons. Aber was soll’s. 58 Jahre weiter, also heute, ist das Klauen unter der Bezeichnung Sampling gefeierte Errungenschaft der Technik zur Verwirklichung künstlerischer Freiheiten. Man muss noch nicht mal mehr selber ein Instrument spielen können.
Es bleibt die Frage, ob Surfin’ Bird ein gekonntes Klauen war und ob diese, in den Kay Bank Studios in Minneapolis übersteuert aufgenommene und entfesselte Dröhnung eine Wegmarkierung der Musikgeschichte darstellt. Mehr oder weniger schmeichelhafte Superlative sprechen dafür.
„Surfin‘ Bird“ is one of the silliest records ever made, but guaranteed to make you laugh and stomp- a your feet“.
Gary Peterson, Discographical Annotation, “Cowabunga! The Surf Box“, Rhino Records
Der Song, veröffentlicht im November 1963, erreichte 1964 Platz vier der Billboard Hot 100 (!) und konkurrierte mit einem Song einer noch wenig bekannten Band aus England um die Spitzenplatzierungen: I Want To Hold Your Hand von The Beatles. Die Trashmen waren sozusagen das letzte Bollwerk gegen die „British Invasion„.
Der Surf-Beat ballerte aus tausenden Garagen
In einer Konzertkritik aus dem Jahr 2008 wurden die verbliebenen Musiker der Trashmen als Ikonen des Surf-Trash-Garagenbeats bezeichnet (taz). Das ist mehr eine Ehre als eine Beleidigung und auch nicht falsch: Mit der hohen Verbreitung der erfrischenden Laienhaftigkeit, weit über den Empfangsradius des kalifornischen Surf-Senders KFWB hinaus, ermutigte er eine ganze High School Generation zur Gründung von Bands. Schon bald ballerte der Surf-Beat (Boom, Duh-Duh, Boom, Duh) im ganzen Land aus tausenden Garagen der Elternhäuser des weißen Mittelstandes.
„A-well, a bird, bird, b-bird’s the word
A-well-a don’t you know about the bird?
Well, everybody knows that the bird is the word“
Song-Text Zeile Surfin‘ Bird
Der Surf Beat am Schlagzeug
Der Surf Beat wurde zum Innbegriff der Spielweise des frühen Rockschlagzeugs. Treffender als der Buchautor und Schlagzeuger Daniel Glass es getan hat, ist der Surf-Beat nicht zu beschreiben:
„Was auch immer die Ursprünge sein mögen, hier ist der Surf-Beat in all seiner einfachen Pracht. Im Wesentlichen ist der Groove nur ein Standard-Rock’n’Roll-Pattern mit einem zusätzlichen Snare-Schlag, der an das „und“ der 2 angeheftet ist. Das resultierende Kick / Snare-Pattern (Boom, Duh-Duh, Boom, Duh) wird für immer mit der Musik der 60er Jahre verbunden sein.“

Der Drummer – “It was pure rock ‘n’ roll”
Im Nachruf der ameikanischen Nachrichtenagentur AP ist über Steve Wahrer zu lesen: “Dal Winslow, a founder of the group and now a computer systems analyst, said `Wahrer was one of the first drummers to use a heavy, heavy, foot-pedal beat. A driving, real danceable style. It was pure rock ‘n’ roll.´“

Wie die Party endete
Die Surf-Wellen brandeten immerhin fast sieben Jahre. Kaum eine der Bands mit den seltsamen Namen und den bis zum Anschlag aufgedrehten Hall-Potis ihrer Fender Verstärker überlebte. Die Beatles und die Rolling Stones setzten andere Maßstäbe. Und die einheimischen Party-Surfer wurden Fans amerikanischer Folk-Musiker und Psychedelic-Rock Bands der Hippie-Bewegung.
Einige Kompositionen im Surf-Sound klingen auch heute noch nach Sonne, Strand und Meer. Spektakuläre und bis in das letzte Detail ausgefeilte Drum-Cover des erfolgreichen Titels Wipe Out tauchen in den YouTube Kanälen junger Schlagzeugerinnen auf.
Andere zeitlose Songs der Surf-Sound Ära werden heute gerne zur Untermalung von Filmszenen verwendet. So etwa The Lonely Surfer von Jack Nitzsche. Den Beach Boys gelang mit Pet Sounds 1966 der Befreiungsschlag aus der „Surf-Ecke“ und die Meisterwerke „eines der ersten Alben, die aus der Überzeugung entstanden, dass diese Musik auch noch Generationen später gehört und geschätzt werden würde.“ (wikipedia)
Und was wurde aus den Garagen-Trommlern mit dem Boom, Duh-Duh, Boom, Duh und ihren Bands? Das ist eine andere spannende und wahrscheinlich sehr lange Geschichte.
In diesem Sinne: COWABUNGA!
(Cowabunga = freudiger Ausruf in der Surfer-Szene über ein positives Ereignis)
Christian W. Eggers, 17. März 2021 (letzte Aktualisierung dieses Artikels am 20. März 2021) (christian@stompology.org)
Quellen:
- Early Rhthm And Blues Drumming, Daniel Glass, Alfred Verlag
- Gary Peterson, Discographical Annotation, “Cowabunga! The Surf Box“, Rhino
- “One-Hit-Wonder”, Jenny Zylka in der „taz. die tageszeitung“ vom 25. 4. 2008
- The Associated Press (AP), Nachruf Steve Wahrer: „Trashmen Drummer Steve Wahrer Dies At 47“
- Wikipedia über das Album Pet Sounds der Beach Boys
- Artikelfoto: Croyde Bay / unsplash.com