Die neue Glückseligkeit – Künstliche Intelligenz und Gesang per Mausklick

Was waren meine Freunde und ich doch für bemitleidenswerte Idioten. Jedenfalls gemessen an den bahnbrechenden Innovationen der Musikproduktion und ihrer nunmehr endlich fehlerfreien Präsentation mit Hilfe der Künstlichen Intelligenz.

Ich war ja schon begeistert, als man die Drummer abschaffen konnte. Diese ungelernten Blödmannsgehilfen-Anwärter haben sich doch tatsächlich erlaubt vom digitalen Timing-Raster abzuweichen. Geradezu abschreckender Dilettantismus. Für die Abweichungen ist das Humanizer-Programm zuständig. Klingt doch irgendwie noch echter. Und dann noch diese Laut-Leise-Schwankungen! Wo kommen wir hin, wenn jeder meint er könne seine Emotionalität mit Holzstöcken ausleben. Steinzeit!

Schluss mit dem Ringen um Töne. Ein wenig Kleingeld per PayPal an den KI-Dienstleister und fertig.


Inzwischen waren Programmierer ja fleißig und haben diesen ganzen Klüngel der Ego-Diven samt ihrer albernen Musikinstrumente und stinkender Verstärker zum Teufel gejagt. Das gilt es zu feiern! Kann ich doch endlich meine Kreativität ungestört vom Schreibtischstuhl aus ausleben.

Das ist nun mal Fortschritt. Wer das nicht versteht und sich mit Unterricht, Diskussionen, Fehlschlägen und mit Kollege „Ich kann heute nicht; habe Zahn“ abmüht, dem ist doch nicht mehr zu helfen.

Nun also die Sängerinnen und Sänger!

Es wurde Zeit. Wir fliegen zum Mond und sind so wunderbar erfinderisch. Nur bei der menschlichen Stimme stagnierte der Fortschritt. Jetzt der Durchbruch: Schluss mit dem Ringen um Töne. Ein wenig Kleingeld per PayPal an den KI-Dienstleister und fertig. Was soll das Abmühen, man reist ja heute auch nicht mehr mit der Kutsche. Das Rumgeknödel war doch ekelhaft. Wer interessiert sich denn für den Ausdruck und die Individualität eines Sängers, einer Sängerin?

Wer will schon diese Oldschool-Schinken oder gar in der Farbe rühren?

Hier geht es um Höheres. Wir wollen doch professionell sein und hätte Rembrandt damals die KI zur Verfügung gehabt…, was wären das für herrliche Werke geworden. Wer will schon diese Oldschool-Schinken oder gar in der Farbe rühren?

Überhaupt: Manuelle Kunstfertigkeit wird überschätzt. Davon reden nur die ignoranten OK Boomer, die denken ein Computer sei eine Weiterentwicklung  der elektrischen Schreibmaschine.

Christian W. Eggers – 25. März 2024 – christian@stompology.org

PS: Es handelt sich um eine Satire anlässlich der gefeierten Einführung von KI-Diensten zur Erstellung von Gesang in Musikproduktionen.

Foto: Igor Omilaev / unsplash Lizenz: https://unsplash.com/de/lizenz

Ein Gedanke zu “Die neue Glückseligkeit – Künstliche Intelligenz und Gesang per Mausklick

  1. Da muss ich Ihnen ausnahmsweise mal zustimmen, junger Mann. Jetzt brauchen wir nur noch KI-Publikum, das die Musik an unserer Stelle anhört, dann sparen wir auch noch die Zeit, die wir bis dato damit verschwendet haben.

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