Analog-Spring-Reverb im Selbstbau

Was wurde nicht schon alles probiert! Eine riesige Lautsprecherbox auf einer Kloschüssel in einem gekachelten 1,5 Quadratmeter großen Toilettenraum ist noch verhältnismäßig harmlos.

So hatte ein Tontechniker und Produzent in den 80er Jahren die Vorstellung, dass ein überdimensionierter Friesen-Wall einen unverwechselbaren Raumklang erzeugt. Ärgerlich nur, dass die Bodenstatik des Holz-Bungalow, in dem sich das Studio befand, auf die Dauer nicht mit dem tonnenschweren Bauwerk aus Feldsteinen im Einklang stand.

Es geht auch weniger spektakulär. Laurens Hammond und Leo Fender ist die technische Nachahmung von Raumklang (Hall) mittels Metallfeder-Konstruktionen zu verdanken.

Das sieht ein wenig nach einem gruseligen Medizingerät aus dem 18. Jahrhundert aus, ist aber ganz ungefährlich und zeigt das Innenleben eines Halltanks. (1)

Eigenbau eines Hallgerätes mittels der fertigen Komponenten zweier Tanks, Medium und Small, mit jeweils zwei Spiralen. Untergebracht sind die Tanks in einem ausgedienten Gehäuse eines Tonbandgerätes. In dem Gehäuse ist genug Platz für weitere Nachrüstungen mit verschiedenen Größen und Typen von Hallfedern.

Wofür eignet sich ein Spring Reverb?

Der Federhall hat im Gegensatz zum Bandecho nur einen begrenzten Einsatzbereich. Der Hall aus der Metallfeder klingt gut mit Instrumenten, die mit „Anschlag“ gespielt werden. Perkussive Spielweisen von Gitarren und insbesondere der Snare Drum, gespielt mit Sticks, vertragen sich ausgezeichnet mit den Effekteigenschaften des Spring Reverb.

Dort wo fließendere und weichere Spielweisen bevorzugt werden, zum Beispiel bei einer mit den Besen gewischten Snare, ist der Federhall zur Simulation von Raumklang weniger geeignet.

Das Foto zeigt einen kostengünstigen Aufbau zur Nutzung von Federhall-Konstruktionen. Ein Mini-Mischpult mit Aux-Inputund Send-Funktionen sowie einem Return-Regler, der den Effektanteil des Hallgerätes mit dem „Original“-Signal (zum Beispiel einem Mikrofon-Signal) vermischen („einschleifen“) kann. Bei diesem kostengünstigen und verbreiteten Mischpult von Behringer wurde etwas herumprobiert, bis die Verkabelung so funktionierte, dass über den Return-Regler die Intensität des Halls ohne großes Rauschen einem Mikrofon-Signal dezent hinzugefügt werden konnte (siehe Video).

Passende Reverb-Tanks

Am Anfang steht die Überlegung zum Erwerb der „richtigen“ Hallspiralen. Für den hier gezeigten Aufbau wurden zwei kleine Tanks der Marke Accutronics erworben. Ein Tank, der einen mittleren Raum simuliert und ein weiterer Tank, der die Schallreflektionen eines kleinen Raumes nachempfinden soll.

Technische Daten der Baukomponenten können hier eingesehen werden: https://www.tubeampdoctor.com/en/accutronics-blue-reverb-amc2bf2?c=116 Nein, ich bekomme keine Prozente und bin weder verwandt noch verschwägert mit dem Anbieter.

Montage der Tanks

Hallspiralen reagieren schon auf leichte Erschütterungen des Gehäuses. Eine einfache Lösung ist bei kleinen und leichteren Tanks die Einbettung in Schaumstoff. Dieser wird dann im Gehäuse mit den Tanks verklebt.

Hier ist einer der beiden verwendeten Tanks vom Typ Accutronics zu sehen. Die Kabelseite mit der grünen Ader ist der Signaleingang, die mit der roten Ader führt den Signal-Ausgang.

Wie es klingt

Man muss ein wenig herumspielen mit den Reglern und der Verkabelung. Es klingt abgedroschen: Weniger ist mehr! Überzeugt hat mich der Klang bei der Abnahme der Snare-Drum. Das klingt ein wenig nach einer 50er Jahre Studio-Hallplatte und dem „bouncy“ Snare-Sound von Bill Haley & His Comets.

Sound-Demonstration „Analog-Spring-Reverb“: Sprache und Klampfe

Ich wünsche gute Vibrationen mit eventuellen Hall-Experimenten!

Christian W. Eggers – christian@stompology.org – 30. September 2023 (letzte Aktualisierung dieses Artikels am 30. September 2023)

Bildnachweis zu (1) Halltank-Innenleben: Quelle Wikipedia/Wikimedia; Bildautor/Bildautorin: Grebe, Lizenz: CC BY-SA 3.0; Titel des Werkes: „Geöffnetes Gerät zeigt die Mechanik“; Bildunterschrift bei wikipedia: O. C. Electronics, inc. Folded Line reverberation device Manufactured by beautiful girls in Milton, Wis. under controlled atmosphere conditions. U.S. pat. 3,363,202 / Canadian pat. 825,330 Type 60

Weiterführender Artikel zum Thema: „Test: Accutronics Hallspirale, Federhall„; Andersson, Martin; amazona.de, Dezember 2014

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