Der berühmte britische Tanzlehrer Alex Moore äußerte sich empört. Er habe nie zuvor etwas „Grässlicheres“ gesehen. (1) Gemeint war der Tanz Jive, der in den 50er Jahren zum R&B getanzt wurde und dessen spezielle Variante mit dem Hit Willie and the Hand Jive von Johnny Otis 1958 zur Mode in England und den USA wurde.
Die „Luftgitarre“ tauchte erstmals 1958 auf
Tänzerinnen und Tänzer bewegen in diesem Tanz überwiegend ihre Hände in einer Abfolge von komplexen Bewegungsabläufen. Dabei wird auch das Spiel von Instrumenten nachgeahmt. Die „Luftgitarre“ tauchte so wahrscheinlich erstmals 1958 in Filmmitschnitten der Johnny Otis Show auf. Ein Denkmal setzte Johnny Otis dann auch dem Hand Jive Beat mit seinem vielfach gecoverten Song Willie and the Hand Jive (hier auf YouTube anzuhören).
Afrokubanische Rhythmen
Der Hand Jive kann zu jeder Musik getanzt werden. Jedoch bleibt dieser Tanz besonders mit afrokubanischen Rhythmen des R&B verbunden, insbesondere mit dem Bo Diddley Beat.
Bo Diddley Beat – „Clave im Two Beat“
Audio Drums Bo Diddley Beat
Die strenge Form der Bo Diddley Beat Schlagabfolge ist nicht zwingend für das Funktionieren der Hand Jive Rhythmen im afrokubanischen Stil. Schlagzeugerinnen und Schlagzeuger sind zum Glück nicht allein auf der Welt und so ist es im Zusammenspiel auch möglich den swingenden Groove mit afrokubanischem Einschlag mit einer eintaktigen 4/4-Takt-Figur am Schlagzeug zu begleiten. Das nimmt dem Groove die sich abnutzende redundante Wucht von „unisono“ gespielten Akzenten.
Beispiel für eine alternative Spielweise
Bewegter und damit „wilder“ wird ein Jive-Groove gestaltet, wenn sich das Schlagzeug von der „Bo Diddley Clave“ löst, während die Band die Betonungen der Achtel konstant im Bo Diddley Beat spielt.
Als Beispiel dient ein stark „hüpfender“ 1-taktiger Groove am Schlagzeug:
Dieser fröhlich swingende Groove am Schlagzeug wird an Stelle des Bo Diddley Grooves gespielt. Der Rest der Band setzt die Akzente so wie im Bo Diddle Beat
Das Zusammenspiel erfordert zunächst Konzentration der Mitmusikerinnen und Musiker. Lohn der Mühe ist eine Mehrfach-Rhythmik, die durch die Ungleichzeitigkeit der Betonungen von Gitarre und Bass gegenüber dem Schlagzeug ein wenig „funky“ wirkt. Spielt man, so wie hier, den Groove mit den Besen, legt sich durch die Obertöne der Tomfelle eine Art Shaker-Klang im oberen Klangspektrum über den Beat
Spaß macht es, ein wenig zu experimentieren und Akzente durch Handklatschen zu verstärken oder damit weitere Betonungen im Groove zu setzen. Hand Jive eben.
Christian W. Eggers – 9. Februar 2023 – christian@stompology.org
Röhrentonbandgeräte verfügen meist nicht über Schaltungen zur Entzerrung von Tonfrequenzen sowie zur Anapssung der Eingangswiderstände. Das ist insbesondere bei Aufnahmen mit Mikrofonen jedoch häufig notwendig.
Bei Mono-Aufnahmen von Audiosignalen aus Computern und Hi-Fi Geräten ist zu beachten, dass „Stereo auf Mono“-Widerstände erforderlich sind. Ebenso bedarf es regelmäßig der Anpassung von „modernen“ Mikrofonen an die Technik der 50er Jahre durch die Vorschaltung von Vorverstärkern und einer Zuschaltung einer Phantomspeisung der Mikrofone.
Wie sich diese Anpassungen mittels eines kleinen, preiswerten Mischpultes der Technik der Gegenwart vornehmen lassen, wird nachfolgend kurz mit einigen Fotos und Bildunterschriften beschrieben.
Video: Homerecording mit einem Mono-Bandgerät und einem kleinen Mischpult, angepasst für den Monomix
Für den Funktionstest wurde ein Grundig TK 20 (nachfolgendes Foto; links im Bild) mit der Selbstbaukonsole (rechts im Bild) verbunden. Damit das „Retro-Gefühl“ nicht auf der Strecke bleibt, wurde das kleine Mischpult herausnehmbar in einen Grundig TK 20 Holzkoffer versenkt. Das Netzteil findet im Inneren des Koffers Platz. Hinzu sind ein VU-Meter im Retrostil sowie ein Mono-Main-Out als Diodenanschluss gekommen. Das alles geht natürlich auch ohne die Bastelarbeit mit dem Umbau eines Grundig- Tonbandholzkoffers.
Das VU-Meter zeigt den Main-Out des Mischpultes an. Das weiße Schaltfeld ist u.a. für Mono-Kopfhörer und Zuschaltung eines Monitor-Lautsprechers reserviert und noch nicht fertig verdrahtet. Die Diodenbuchse Mono Main Out (unten rechts im Bild) wurde mit Lastwiderständen „Stereo auf Mono“ versehen.
Bei der Aufnahme mit einem Mono-Tonbandgerät kann ein Stereo Main Out (unten im Bild die zwei schwarzen Klinken-Stecker unter dem Behringer Logo) über die Mono-Main-Out-Buchse (unten ganz rechts, Diodenbuchse) mit den „Stereo auf Mono“ Wiederständen verbunden werden. Das Aufnahmegerät wird über diese Buchse angeschlossen.
Als Mischpult wurde das „Behringer Xenyx 802“ (herausnehmbar) eingesetzt. Es verfügt über einen Preamp mit Phantomspeisung für Mikrofone. Mit dem 3-Band-Equalizer (EQ) ist es möglich, den Frequenzverlauf, also von tiefen bis zu hohen Klanganteilen, anzuheben oder abzusenken. Das bedeutet, es ist möglich, bestimmte Bereiche, wie z. B. die Bässe, in ihrer Lautstärke zu verstärken oder zu reduzieren. 3-bändig heißt, es sind drei Regler für die Teilbereiche Bässe, Mitten (mittlerer Frequenzbereich) und Höhen einstellbar.
Fazit
Sucht man die Verbindung der alten Röhrentonbandgeräte mit „moderneren“ Komponenten, ist so ein Mini-Mischpult praktisch. Es enthebt einen zahlreicher, oft zermürbender, Anpassungsprobleme zwischen sehr alten und neuen Technikstandards. Für Musiker ist so eine Konsole auch zudem gut für ein unproblematisches „Einschleifen“ von Effektgeräten, wie etwa Spring Reverbs.
Christian W. Eggers – 15. Januar 2023 – christian@stompology.org (letzte Aktualisierung dieses Artikels am 16. Januar 2023)
Eine Eigenart des Rock ’n‘ Roll war und ist es, längst Bekanntes im neuen Gewand zu spielen. Hierzu gehört die Wandlung ursprünglich „hüpfender“ Piano Boogie Phrasen in gerade Achtel. Diese Wandlung vom Shuffle zum geraden „binären“ Groove wird oft mit der rhythmischen Auffassung weißer Interpreten des frühen R&B erklärt.
Tatsächlich aber waren es die Großmeister des R&B selbst, die diese Wandlung vollzogen. Ein Vorreiter dieser „modernen“ Spielweise war Little Richard. So wie Richard am Piano hatte Chuck Berry die Gabe, die „straight-eights“ auf der Gitarre geradezu herauszupumpen und damit das unerschütterliche rhythmische Fundament eines Songs zu legen.
„Als einer der ersten schwarzen Musiker brachte er [Chuck Berry] den „Twang“-Sound weißer Country-Musik in die schwarzen Rhythm-and-Blues-Kneipen, in denen er mit seinen frühen Bands auftrat. Das Publikum verspottete ihn dafür als „Black Hillbilly“, doch als mehr und mehr weiße Zuhörer in die Klubs kamen, schien sich für einen kurzen Moment die Möglichkeit einer von Rassenfragen befreiten Popkultur zu eröffnen.“
Chuck Berry demonstriert im Fotostudio seinen berühmten Duckwalk
Der Groove
Der den Song Nadine von Chuck Berry prägende rhythmische Charakter besteht im Zusammenspiel von Gitarre und Schlagzeug. Es gibt nicht so viele Hits, deren Gitarren-Groove mit dem von Nadine vergleichbar ist. Vielleicht am ehesten noch das dadaistische Woolly Bully der skurrilen Band Sam the Sham & the Pharaohs.
Hier kannst Du Nadine von Chuck Berry anhören: CHESS Recording, 1964, YouTube
Die Gitarre
Den hohen Wiedererkennungswert erhält der Groove durch die Spielweise der 1-taktigen Achtelfigur als Lauf auf der Gitarre: 1-Und-2-Und-3-Und-4-Und. Auf der Zählzeit 4-Und „sitzt“ dann ein Gitarren-Akzent (von unten nach oben gespielt = Upstroke-Akzent), der in den nachfolgenden Takt hineintreibt.
Audio Gitarre Basis-Groove Nadine
Das Schlagzeug – Der „Million-Dollar-Beat“
Wie bereits beschrieben: Nicht einmal ein Anflug von Swing ist zu hören. Das war 1964 noch etwas relativ Neues. Es ist der „Ur-Million-Dollar-Rock-Beat“. Tausende erfolgreiche Songs sollten folgen, denen dieser schlichte 4/4-Drum-Beat mit seinen Achtel-Schlägen auf der Hi-Hat zu Grunde liegt. So auch in dem Song Billy Jean von Michael Jackson.
Das Schlagzeug beschränkt sich auf das Allerwesentlichste. Im Notenbild sieht das dann auch völlig unspektakulär aus.
4/4 Takt mit Achteln auf der Hi-Hat, Bassdrum auf 1 und 3 und die Snare auf 2 und 4. Wer hat das nicht im Schlagzeugunterricht als erste Übung gespielt?
R&B Variante
Chuck Berry hatte keine eigene Band. Flog er zu einem Konzert nach Paris, dann begleiteten ihn eben Musiker der Pariser Szene. Über die vielen Jahre sind zahlreiche Live-Aufnahmen mit „fremden“ Schlagzeugern entstanden. Einige von ihnen spielten Nadine ein wenig mehr im Stile des frühen R&B. Diese Spielweise zeigt die nachfolgende Notation.
Die Abwandlung hat einen kaum wahrnehmbaren nicht ständig gespielten Akzent auf der Zeit 4-Und synchron zur Gitarre. Die Hi-Hat wird nicht (!) mit dem Fuss hart geschlossen, so dass sie für etwas klangliche Bewegung sorgt. Die Bassdrum wird „old·school“ leise auf den Vierteln durchgespielt.
Audio Schlagzeug mit Gitarre: „gerade Achtel“ ohne Akzente bei lose geschlossener Hi-Hat und leiser Bassdrum auf allen Vierteln
Etwas druckvoller wird die Zeit 4-Und, wenn sie zusätzlich (leise) auf der Bassdrum gespielt wird. Aber Vorsicht: Weniger ist hier mehr!
Probiert man das einmal aus und konzentriert sich auf die 4-Und, ist die Wirkung verblüffend. Ist man im Fluss mit einer Band und verzichtet auf jedes „Mätzchen“, wünscht man sich, dass der Song nicht schon nach zweieinhalb Minuten in die Zielgrade gelangt.
Der Drummer Odie Payne
„Odie Payne entwickelte den berühmten Double-Shuffle, der später von Fred Below und Sam Lay mit großer Wirkung verwendet wurde. Payne nahm für Chess auf, darunter eine Reihe klassischer Chuck-Berry-Songs wie Nadine und No Particular Place to Go. Er nahm mit den meisten großen Chicagoer Blueskünstlern auf: Otis Rush, Sonny Boy Williamson II, Muddy Waters, Jimmy Rogers, Eddie Taylor, Magic Sam, Yank Rachell, Sleepy John Estes, Little Brother Montgomery, Memphis Minnie und vielen anderen.“ (2)
Anlässlich der Wahl des Drumsets zum „Instrument des Jahres 2022“ hat der Kieler Schlagzeuglehrer Markus Zell sich unter Schlagzeugern und Schlagzeugerinnen aus Schleswig-Holstein umgesehen. Es entstand eine über einstündige Dokumentation, eingebunden in ein Interview mit dem aus Kiel stammenden Schlagzeuger Jost Nickel.
Das Projekt der Landesarbeitsgemeinschaft für Jugendmusik Schleswig-Holstein ist so angelegt, dass nicht allein Profis und bekannte Schlagzeugerinnen und Schlagzeuger zu Wort kommen. So zeigt der Film neben professionellen Musikerinnen und Musikern auch ganz „normale“ Menschen, die aus Freude am Lernen und Spielen ihre Freizeit am Drumset verbringen.
Der Film ist jetzt, nachdem er u. a. in Programmkinos gezeigt wurde, auf YouTube anzuschauen und hier eingebunden.
Ein Filmbeitrag von Markus Zell zum „Instrument des Jahres 2022 – das Drumset“. Schlagzeug in Schleswig Holstein, eine Bestandsaufnahme. Ein Projekt der Landesarbeitsgemeinschaft für Jugendmusik SH Mit freundlicher Unterstützung des Landesmusikrates SH und der Sparkassenstiftung SH
Ab Minute 17 des Filmes durfte auch der Autor dieser Website etwas über sein Projekt stompology.org erzählen. Vielen Dank an Markus Zell und sein Team.
Christian W. Eggers – 12. Januar 2023 – christian@stompology.org
Ist man dem Klang von Röhrentonbandgeräten verfallen, hört die Suche nach dem optimalen Gerät wohl nie mehr auf. Blöd nur, dass diese Geräte meist über 60 Jahre alt sind, in feuchten Kellern und auf staubigen Dachböden Jahrzehnte lang verrotteten und jetzt bei den erwartungsfreudigen stolzen Neu-Eigentümern für so mache böse Überraschung sorgen. Ohne die Hilfe Fachkundiger wird es nicht werden.
„Die Lötleisten sind im Laufe der Jahrzehnte spröde und brüchig geworden, da heißt es aufpassen, dass nichts abreißt oder abbricht.“
Klaus Diemer
Instandsetzung der Röhrentechnik
Klaus Diemer, leidenschaftlicher Fan alter Technik und „Bastler“, hat sich nach der Revision eines TK 30 nun eines kleineren Grundig Tonbandgerätes mit der Bezeichnung TK 20 angenommen.
Klaus Diemer schreibt zum Grundig TK 20: „Die einzelnen Bauteile sind beim TK 20 freitragend aufgebaut, Platinen waren bei diesem Modell Fehlanzeige. Die Lötleisten sind im Laufe der Jahrzehnte spröde und brüchig geworden, da heißt es aufpassen, dass nichts abreißt oder abbricht. Viel Platz war im Innern des Gehäuses auch nicht, so sind viele Bauteile sehr schlecht zugänglich und zum Teil nur erreichbar, nachdem andere Teile abgebaut wurden. Hier ist schnell etwas beschädigt oder ein Kurzschluss verursacht. Es ist jedenfalls kein Zuckerlecken, mit dem Lötkolben hier zu arbeiten.“
Liebhaber alter Technik streiten gerne über deren Wege zur Erhaltung. Die einen sagen „Eine gute Restauration bedeutet immer, dass man so viel wie irgendwie möglich von der originalen Substanz rettet.“ Die hier beschriebene Renovierung des Gehäuses eines Grundig Tonbandgerätes TK 20 von 1959 fällt unter die gegensätzliche Position: „Bringt Eure Kisten in den Zustand, wie sie Euch gefallen.“
Verborgene Schönheit – Idee Holzoptik
Im Zuge der Instandsetzung der Elektronik des Gerätes bietet es sich an, das leere Gehäuse des Oldtimers genauer zu betrachten. Häufig ist die für Grundig-Geräte typische grüne oder graue Folienbespannung des Holzgehäuses in Mitleidenschaft gezogen. Unter der Gehäusefolie zeigt sich eine bisher verborgene Schönheit. Das stabile Sperrholz lässt sich gebeizt und lackiert zur Geltung bringen.
Klangliche Eigenschaften
Ein Klangwunder ist das Grundig TK 20 nicht. Wenn aber die Elektronik in Ordnung gebracht ist, die Tonköpfe sauber sind, die Gummiandruckrolle noch weich ist und das Capstanlager nicht ausgeschlagen ist, dann hat man einen „kleinen Kämpfer“ mit den typischen Eigenheiten des Röhrenklanges. Das Gerät hat kräftige Mitten und einen sehr weichen Klang im Bassbereich. Und für einen so kleinen Kasten ist das TK 20 erstaunlich laut.
Eine kurze Kostprobe mit dem iPhone 7 erstellt: der Grundig Tonbandkoffer TK 20 im Betrieb mit einem externen Lautsprecher Telefunken „Klangbox WB 60“, direkt an den vorgesehenen Lautsprecherausgang angeschlossen
Ich wünsche viel Freude beim Lesen des Artikels von Klaus Diemer. Klaus Diemer ist gerne bereit, bei Problemen mit alten Grundig- und UHER Report-Tonbandgeräten zu helfen. Er nimmt jedoch keine Reparaturanfragen an. Kontakt: klaus.diemer(at)t-online.de
Christian W. Eggers – 2. November 2022 – christian@stompology.org (letzte Aktualisierung diese Artikels: 7. Dezember 2022)