Time Roll Grooves

„Die Füße sind für das Tempo einhalten zuständig. Die Hände sind für Verrücktheiten da.“ So lautet eine grundlegende und frühe Idee der ersten New Orleans Musiker, die ab den 1920er Jahren ein Drum Set nutzten. (1)

Eine dieser schönsten Verrücktheiten der Hände, übernommen aus den New Orleans Brassbands, sind die „Time Rolls“.

Definition „Time Roll Groove“

Ein Time Roll besteht aus sogenannten „gepressten Wirbeln“, den Press Rolls, die nicht als Verzierung sondern als Bestandteil eines Grooves auf der Snare Drum gespielt werden. Bekannt ist diese Art des „Wirbelns“ aus der Marschmusik. Über die New Orleans Paraden gelangten die Press Rolls in den frühen Jazz.

Press Rolls als Ausgangspunkt

Wie der Name „Press Roll“ schon impliziert, entsteht er durch einen Stick-Schlag auf das Fell der Snare Drum und einem anschließenden Druck so, dass man nicht mehr einzelne Noten hört, sondern eine Vielzahl von Anschlägen. Man kann es auch so sagen: aus „Tack“ wird „Drrrrrrrrrr“.

Press Rolls als Groove-Element

Werden diese „drrrrrrrrrr’s“ jetzt konsequent durchgehend in einem Groove gespielt, kann von einem Time Roll Groove gesprochen werden. Heute sind diese Grooves meist im sogenannten Dixie Land Jazz zu hören. Das mag dazu beitragen, dass dieser Spielweise etwas Angestaubtes anhaftet.

Wirkung vom Time Press Rolls

Kein bisschen „Oldskool“ klingen Time Rolls im Groove eines R&B Songs. Ganz im Gegenteil! Gleich ob binär oder ternär gespielt: Time Press-Rolls als festes Element eines Grooves verleihen einem Song Melodik und rhythmische Intensität.

Beispiel für einen Time Press Roll Groove

Die nachfolgende Notation zeigt ein Beispiel für einen Time Press Roll Groove. Im ersten Takt sind die Press Rolls auf den Zählzeiten Zwei und Vier des 4/4 Taktes zu hören. Im zweiten Takt der Figur folgen auf der Eins und der Zwei „normale“ Achtelschläge und auf der Drei und der Vier Viertelschläge. Wichtig ist es die Vier mit einem Akzent zu spielen. Damit erhält der Groove seinen „Second Line Charakter“, der ihn eben deutlich von einem europäischen Marsch mit den Bezugspunkten der Eins und der Drei unterscheidet.

Notation eines Beispiels für einen Time Roll Groove. Die mit einem Z gekennzeichneten Notenhälse markieren die Press Rolls. Bass Drum und Hi-Hat liegen hier auf den Vierteln im Two Beat, also dem fortlaufendem Wechsel von Bass Drum und Hi-Hat auf dem Plus der Figur.

Das Video zeigt einen Time Roll Groove in einem kurzen Ausschnitt eines R&B Songs im Stil der 60er Jahre. Der vollständige Song ist hier zu hören und nicht als Aufforderung zum Unterlassen von Time Rolls zu verstehen: Lass es lieber sein!

Spieltechnik Time Press Rolls

Anders als in der Marschmusik werden die Press Rolls in Time mit einem lockeren Griff erzeugt. Die Hände müssen sich öffnen, damit der Stick rollt.

Im Beispiel rollt die linke Hand. Das geht mit dem Traditionel Grip sowie dem Matched Grip gleichermaßen gut. Wichtig ist lediglich die lockere Stickhaltung.

Der Traditional Grip oben im Bild erklärt. Der Stick in der Linken kann für Press Rolls „umgedreht“ werden, damit sein Eigengewicht zum Federn ausgenutzt wird.

Vielen Dank für das Lesen und ich wünsche Inspiration und Freude am Ausprobieren.

Christian W. Eggers – 28. Mai 2024 – christian@stompology.org (letzte Aktualisierung dieses Artikels am 28. Mai 2024)

Fußnote (1): Aukes, Antoon; Second Line – 100 Years Of New Orleans Drumming, Seite 25, (C. L. Barnhouse)

Bildnachweis Titelfoto (Teaser ganz oben): McElspeth auf pixaby, Autorenprofil, Lizenz

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