Famous Grooves – Come Together by The Beatles

Der Beatles-Song Come Together wurde von John Lennon geschrieben und im September 1969 als Eröffnungsstück des Albums Abbey Road veröffentlicht.

„Auch wenn man Come Together heute als grandiosen Auftaktsong zum Abbey Road-Album der Beatles kennt, zählte der vor gut 50 Jahren von John Lennon geschriebene Titel zu den letzten Stücken, die sie für diesen Longplayer in Angriff nahmen. Nachdem ein Großteil des Albums bereits in den Get Back-Sessions im Januar 1969 erste Form angenommen hatte, entstand Come Together erst auf der Zielgeraden, als die letzte Ausfahrt zur endgültigen Abbey Road sozusagen schon in Sichtweite war.“ (1)

Hier kannst Du den Song auf YouTube anhören: https://www.youtube.com/watch?v=oolpPmuK2I8

Der Groove am Schlagzeug

Auffallend ist die Schlagabfolge des Intros, die im Song wiederholt wird. Die für Bass und Gitarre sparsame 1-taktige Figur wird von Beatles Schlagzeuger Ringo Starr mit einem komplexen Triolen-Pattern ausgefüllt. Es hat einen hohen Wiedererkennungswert und wird häufig als ein Beweis für Ringo Starrs kompositorische Mitwirkung an den Beatles-Songs angeführt.

Der Schlagzeug-Part des Intros von Come Together. Im Intro wird die 1-taktige Triolen-Figur 4 mal wiedrerholt. Dier ersten zwei Achtel-Schäge im ersten Viertel wurden vermutlich im Overdub-Verfahren hinzugefügt und mit extremen Echo-Effekten bearbeitet.

Im Song ist die Schlagfolge mittels Tontechnik stark bearbeitet, so dass es schwer fällt die Spielweise im Detail herauszuhören. Hilfreich ist daher eine Demonstration der Original-Spielweise. Hier vom Meister Ringo Starr mit der ihm eigenen humorvollen Bescheidenheit selbst vorgenommen: https://www.youtube.com/watch?v=vl9188EPdLI

Der hier notierte Handsatz ist ein Vorschlag. Letztendlich muss jeder „seinen“ für ihn flüssig spielbaren Handsatz herausfinden

Einüben des Grooves

Als einen ersten Schritt empfiehlt es sich mit der Schalgabfolge mit einer „Trockenübung“ am Übungsbrett vertraut zu machen. Das Video zeigt die einzelnen Schritte.

Das Video zeigt das Einüben der Schlagabfolge von Come Together

Mit dem zweiten Schritt kann man versuchen die Abfolge auf nur einem Tom synchron mitzuspielen und ein Gefühl für das Triolen-Timing im Zusammenspiel mit der Gitarre und dem Bass zu entwickeln.

Audio: Schlagzeug, Gitarre und ein wenig Bass. Das Intro von Come Together nachgespielt ohne Hinzufügung von Effekten
Instrumentierung des Grooves

Nicht ohne Übungsaufwand lassen sich auch für geübte „Triolen-Spieler“ die Hi-Hat auf dem zweiten Viertel und die aufsteigenden Toms, also vom tiefen Tom zum höher gestimmten Tom auf dem dritten und vierten Viertel spielen. Ringo Starr erklärt diese Spielweise der Toms damit, dass sie ihm leichter fällt, als das Spiel „von oben nach unten“. (2)

Die Verteilung der einzelnen Schläge über die Instrumente des Drumsets ist auch für Fortgeschrittene eine Herausforderung. Mir ist die richtige Verteilung der Schlagabfolge nur mit einer kleinen Mogelei befriedigend gelungen: Die Toms und die Hi-Hat habe ich zur Aufnahme des Grooves so platziert, dass die Wege der Sticks nicht zu lang werden.

Das Einüben der „Come Together Schlagfolge“ lohnt sich. Neben der Beweglichkeitsübung kann man sie, gespielt auf der Snare und den Toms, effektvoll in Grooves mit 6/8-Gefühl einbauen.

Christian W. Eggers – 26. Februar 2023 – christian@stompology.org

Quellen

(1) „Come Together“: Die Geschichte hinter dem Klassiker vom „Abbey Road“-Album, Paul McGuinness, Published on September 27, 2019, www.udiscover-music.de

(2) YouTube Video „Ringo Starr Shows How to play Ticket to Ride, Come Together and Back off Boogaloo“

Mikrofone – Drei niedrigpreisige Oldtimer im Test

In Kleinanzeigenportalen tauchen sie regelmäßig auf. Der Vorrat scheint unendlich zu sein. Gemeint sind die Consumer-Mikrofone der 60er Jahre für „kleines Geld“. Diese Mikrofone wurden meist für den Anschluss an Tonbandgeräte im Heimgebrauch gebaut. Heute sind diese dynamischen Mikrofone verschiedener Hersteller für Preise zwischen acht und fünfzig Euro zu erwerben. Kann man mit den alten Dingern eigentlich noch etwas anfangen oder sind die optisch ansprechend gestalteten und robust verarbeiteten Mikrofone mehr etwas für Sammlervitrinen?

Von links: Telefunken TD 26 für acht Euro, Beyer M 55 für 35 Euro und ein Grundig GDM 321 für 25 Euro

Niedrigpreis-Oldtimer als Zweitmikrofon

Probieren geht über Studieren und so wurden drei 60er Jahre Mikrofone für den Anschluss an ein Mischpult und ein Interface mit XLR-Eingängen umgerüstet und als Zweitmikrofone zur Aufnahme des Raumklanges über dem Drumset platziert.

Umrüstung der drei getesteten Mikrofone von asymetrischen DIN-Steckverbindungen auf symetrische XLR-Verbindungen Telefunken TD 26: Abschirmung auf XLR-Pin 3 und 1, transparente Ader auf XLR-Pin 2; Beyer M 55: Abschirmung auf XLR-Pin 1, rote Ader auf XLR-Pin 2, weiße Ader auf XLR-Pin 3; Grundig GDM 321: Abschirmung auf XLR-Pin 1, gelbe Ader auf XLR-Pin 2, weiße Ader auf XLR-Pin 3.

Ausprobiert wurden folgende Mikrofone: ein Telefunken TD 26, ein Beyer M 55 und ein Grundig GDM 321. Letztere beiden Mikros haben eine Kugel-Charakteristik und sind damit sehr gut geeignet den Raumklang aufzunehmen. Das Telefunken Mikrofon TD 26 ist mit seiner Nieren-Charakteristik gerichteter.

Zielsetzung und Testbedingungen

Ziel war es, einen möglichst natürlichen Klang der Trommeln und Becken zu erreichen. Als Hauptmikrofon wurde ein „Bändchen“ neuer Herstellung (the t.bone RM 700) zwischen Snare und Hi-Hat platziert. Das Mikrofon nimmt mit seinem relativ dunklen Klang das kleine Set ausgewogen und „warm“ auf. Bei der im Bild gezeigten tiefen Platzierung ist auch der Klangerzeugung der Schwingung des Schlagfells der Bassdrum ausreichend laut aufnehmbar.

Ein Bändchen-Mikrofon der Hausmarke eines großen Musikhauses: t.bone RM 700 mit Acht-Charakteristik

Nachteil dieses Aufbaus mit einem Bändchen-Mikrofon ist, dass die Obertöne der Instrumente des Sets verloren gehen. Daher bietet sich an, über dem Set ein zweites Mikrofon zu installieren und eine höhenreichere Farbe über den Raumklang hinzuzufügen. Der Reihe nach wurde dieses mit dem Telefunken TD 26, dem Beyer M 55 und dem Grundig GDM 321 ausprobiert.

Die zu testenden Mikrofone wurden an der Decke des Aufnahmeraumes intalliert und auf das Schlagzeug ausgerichtet. Die Testaufnahmen wurden mit dem Computer angefertigt.

Das Ergebnis

Nachfolgende Audios wurden mit dem Computer angefertigt. Der Pegel des „Bändchens“ wurde dabei etwas höher als der des jeweilig zu testenden dynamischen „Zweitmikrofons“ eingestellt. Auf eine nachträgliche Bearbeitung der Aufnahmen sowie auch auf das „Schrauben“ an den Tiefen, Mitten und Höhen während und vor den Aufnahmen wurde verzichtet. Das klingt dann nicht optimal, aber damit wird das Ergebnis nicht verfälscht.

Aussteuerung: oben das Signal des Bändchen-Mikrofons und unten das Signal des Telefunken TD 26 Mikrofons. Für den Test wurde die 2-Kanal-Aufnahme völlig unbearbeitet belassen.

Nur das Bändchen-Mikrofon zwischen Snare und Hi-Hat

Bändchen-Mikrofon zusätzlich mit dem Telefunken TD 26 als Overhead

Bändchen-Mikrofon zusätzlich mit dem Beyer M 55 als Overhead

Bändchen-Mikrofon zusätzlich mit Grundig GDM 321 als Overhead

Fazit

Als „Zweitmikrofone“ zur Abnahme von Percussionsintrumenten und kleineren Drumsets können die preiswerten Oldie-Mikrofone, sparsam eingesetzt, eine individuelle Klangfarbe in den Sound zaubern.

Tatsächlich funktioniert die „Höhen-Auffrischung“ mit allen drei Mikros als „Overhead“. Unterschiede sind hörbar und die sind Geschmackssache. Mir gefällt der Klang der Aufnahme mit dem Beyer M 55 sehr gut.

Die Aufnahme mit dem Telefunken Mikrofon TD 26 bring die getretene Hi-Hat auf der Zwei und der Vier des Shuffle-Grooves deutlich heraus. Das kann auch an der Nieren-Charakteristik dieses Mikrofons liegen. Das Grundig GDM 321 wirkt am dezentesten; obwohl bei der Aufnahme der Pegel etwas höher gedreht ist, als bei den beiden vorherigen Aufnahmen.

Festzuhalten ist, dass die Mikrofone robuste Metallgehäuse haben und mit etwas Bastelei auch an „moderne“ Mischpulte mit symetrischen XLR-Eingängen angeschlossen werden können. Für Sprachaufnahmen in Richtung „Radiostimme“ sind diese Mikros nicht zu empfehlen. Jedes preiswerte Kondensator-Großmembran-Mikrofon aus China übertrifft die kleinen Oldtimer an Klang und Power.

Auch für Aufnahmen akustischer Gitarren lassen sich die getesteten Mikros nicht so gut verwenden. Sie stoßen an ihre Grenzen und lassen den Korpus zu „dünn“ klingen. Denkbar ist aber auch hier ein Einsatz als „Zweitmikrofon“, zum Beispiel bei der Aufnahme einer Westerngitarre zur Durchsetzung der Gitarre im Zusammenspiel mit weiteren Instrumenten.

Mag man „Old-School-Drumming“ und Jazz, dann machen die ollen Dinger richtig Spaß. Die drei Mikros werden einen festen Platz in der „Werkzeugkiste Sounds“ behalten.

Christian W. Eggers – 18. Februar 2023 – christian@stompology.org (Letzte Aktualisierung dieses Artikels am 19. Februar 2023)

How to Do the Hand Jive on Drums

Der berühmte britische Tanzlehrer Alex Moore äußerte sich empört. Er habe nie zuvor etwas „Grässlicheres“ gesehen. (1) Gemeint war der Tanz Jive, der in den 50er Jahren zum R&B getanzt wurde und dessen spezielle Variante mit dem Hit Willie and the Hand Jive von Johnny Otis 1958 zur Mode in England und den USA wurde.

Die „Luftgitarre“ tauchte erstmals 1958 auf

Tänzerinnen und Tänzer bewegen in diesem Tanz überwiegend ihre Hände in einer Abfolge von komplexen Bewegungsabläufen. Dabei  wird auch das Spiel von Instrumenten nachgeahmt. Die „Luftgitarre“ tauchte so wahrscheinlich erstmals 1958 in Filmmitschnitten der Johnny Otis Show auf. Ein Denkmal setzte Johnny Otis dann auch dem Hand Jive Beat mit seinem vielfach gecoverten Song Willie and the Hand Jive (hier auf YouTube anzuhören).

Afrokubanische Rhythmen

Der Hand Jive kann zu jeder Musik getanzt werden. Jedoch bleibt dieser Tanz besonders mit afrokubanischen Rhythmen des R&B verbunden, insbesondere mit dem Bo Diddley Beat.

Bo Diddley Beat – „Clave im Two Beat“

Audio Drums Bo Diddley Beat

Die strenge Form der Bo Diddley Beat Schlagabfolge ist nicht zwingend für das Funktionieren der Hand Jive Rhythmen im afrokubanischen Stil. Schlagzeugerinnen und Schlagzeuger sind zum Glück nicht allein auf der Welt und so ist es im Zusammenspiel auch möglich den swingenden Groove mit afrokubanischem Einschlag mit einer eintaktigen 4/4-Takt-Figur am Schlagzeug zu begleiten. Das nimmt dem Groove die sich abnutzende redundante Wucht von „unisono“ gespielten Akzenten.

Beispiel für eine alternative Spielweise

Bewegter und damit „wilder“ wird ein Jive-Groove gestaltet, wenn sich das Schlagzeug von der „Bo Diddley Clave“ löst, während die Band die Betonungen der Achtel konstant im Bo Diddley Beat spielt.

Als Beispiel dient ein stark „hüpfender“ 1-taktiger Groove am Schlagzeug:

Dieser fröhlich swingende Groove am Schlagzeug wird an Stelle des Bo Diddley Grooves gespielt. Der Rest der Band setzt die Akzente so wie im Bo Diddle Beat

Das Zusammenspiel erfordert zunächst Konzentration der Mitmusikerinnen und Musiker. Lohn der Mühe ist eine Mehrfach-Rhythmik, die durch die Ungleichzeitigkeit der Betonungen von Gitarre und Bass gegenüber dem Schlagzeug ein wenig „funky“ wirkt. Spielt man, so wie hier, den Groove mit den Besen, legt sich durch die Obertöne der Tomfelle eine Art Shaker-Klang im oberen Klangspektrum über den Beat

Spaß macht es, ein wenig zu experimentieren und Akzente durch Handklatschen zu verstärken oder damit weitere Betonungen im Groove zu setzen. Hand Jive eben.

Christian W. Eggers – 9. Februar 2023 – christian@stompology.org

Literatur

(1) https://de.wikipedia.org/wiki/Jive und https://en.wikipedia.org/wiki/Hand_jive

Retro-Homerecording – Mixer für Mono-Tonbandaufnahmen

Röhrentonbandgeräte verfügen meist nicht über Schaltungen zur Entzerrung von Tonfrequenzen sowie zur Anapssung der Eingangswiderstände. Das ist insbesondere bei Aufnahmen mit Mikrofonen jedoch häufig notwendig.

Bei Mono-Aufnahmen von Audiosignalen aus Computern und Hi-Fi Geräten ist zu beachten, dass „Stereo auf Mono“-Widerstände erforderlich sind. Ebenso bedarf es regelmäßig der Anpassung von „modernen“ Mikrofonen an die Technik der 50er Jahre durch die Vorschaltung von Vorverstärkern und einer Zuschaltung einer Phantomspeisung der Mikrofone.

Wie sich diese Anpassungen mittels eines kleinen, preiswerten Mischpultes der Technik der Gegenwart vornehmen lassen, wird nachfolgend kurz mit einigen Fotos und Bildunterschriften beschrieben.

Video: Homerecording mit einem Mono-Bandgerät und einem kleinen Mischpult, angepasst für den Monomix

Für den Funktionstest wurde ein Grundig TK 20 (nachfolgendes Foto; links im Bild) mit der Selbstbaukonsole (rechts im Bild) verbunden. Damit das „Retro-Gefühl“ nicht auf der Strecke bleibt, wurde das kleine Mischpult herausnehmbar in einen Grundig TK 20 Holzkoffer versenkt. Das Netzteil findet im Inneren des Koffers Platz. Hinzu sind ein VU-Meter im Retrostil sowie ein Mono-Main-Out als Diodenanschluss gekommen. Das alles geht natürlich auch ohne die Bastelarbeit mit dem Umbau eines Grundig- Tonbandholzkoffers.

Das VU-Meter zeigt den Main-Out des Mischpultes an. Das weiße Schaltfeld ist u.a. für Mono-Kopfhörer und Zuschaltung eines Monitor-Lautsprechers reserviert und noch nicht fertig verdrahtet. Die Diodenbuchse Mono Main Out (unten rechts im Bild) wurde mit Lastwiderständen „Stereo auf Mono“ versehen.

Bei der Aufnahme mit einem Mono-Tonbandgerät kann ein Stereo Main Out (unten im Bild die zwei schwarzen Klinken-Stecker unter dem Behringer Logo) über die Mono-Main-Out-Buchse (unten ganz rechts, Diodenbuchse) mit den „Stereo auf Mono“ Wiederständen verbunden werden. Das Aufnahmegerät wird über diese Buchse angeschlossen.

Als Mischpult wurde das „Behringer Xenyx 802“ (herausnehmbar) eingesetzt. Es verfügt über einen Preamp mit Phantomspeisung für Mikrofone. Mit dem 3-Band-Equalizer (EQ) ist es möglich, den Frequenzverlauf, also von tiefen bis zu hohen Klanganteilen, anzuheben oder abzusenken. Das bedeutet, es ist möglich, bestimmte Bereiche, wie z. B. die Bässe, in ihrer Lautstärke zu verstärken oder zu reduzieren. 3-bändig heißt, es sind drei Regler für die Teilbereiche Bässe, Mitten (mittlerer Frequenzbereich) und Höhen einstellbar.

Fazit

Sucht man die Verbindung der alten Röhrentonbandgeräte mit „moderneren“ Komponenten, ist so ein Mini-Mischpult praktisch. Es enthebt einen zahlreicher, oft zermürbender, Anpassungsprobleme zwischen sehr alten und neuen Technikstandards. Für Musiker ist so eine Konsole auch zudem gut für ein unproblematisches „Einschleifen“ von Effektgeräten, wie etwa Spring Reverbs.

Christian W. Eggers – 15. Januar 2023 – christian@stompology.org (letzte Aktualisierung dieses Artikels am 16. Januar 2023)

Famous Grooves – „The Million-Dollar-Beat“ – Nadine by Chuck Berry

Eine Eigenart des Rock ’n‘ Roll war und ist es, längst Bekanntes im neuen Gewand zu spielen. Hierzu gehört die Wandlung ursprünglich „hüpfender“ Piano Boogie Phrasen in gerade Achtel. Diese Wandlung vom Shuffle zum geraden „binären“ Groove wird oft mit der rhythmischen Auffassung weißer Interpreten des frühen R&B erklärt.

Tatsächlich aber waren es die Großmeister des R&B selbst, die diese Wandlung vollzogen. Ein Vorreiter dieser „modernen“ Spielweise war Little Richard. So wie Richard am Piano hatte Chuck Berry die Gabe, die „straight-eights“ auf der Gitarre geradezu herauszupumpen und damit das unerschütterliche rhythmische Fundament eines Songs zu legen.

Als einer der ersten schwarzen Musiker brachte er [Chuck Berry] den „Twang“-Sound weißer Country-Musik in die schwarzen Rhythm-and-Blues-Kneipen, in denen er mit seinen frühen Bands auftrat. Das Publikum verspottete ihn dafür als „Black Hillbilly“, doch als mehr und mehr weiße Zuhörer in die Klubs kamen, schien sich für einen kurzen Moment die Möglichkeit einer von Rassenfragen befreiten Popkultur zu eröffnen.“

Der Spiegel (1)
Chuck Berry demonstriert im Fotostudio seinen berühmten Duckwalk

Der Groove

Der den Song Nadine von Chuck Berry prägende rhythmische Charakter besteht im Zusammenspiel von Gitarre und Schlagzeug. Es gibt nicht so viele Hits, deren Gitarren-Groove mit dem von Nadine vergleichbar ist. Vielleicht am ehesten noch das dadaistische Woolly Bully der skurrilen Band Sam the Sham & the Pharaohs.

Hier kannst Du Nadine von Chuck Berry anhören: CHESS Recording, 1964, YouTube

Die Gitarre

Den hohen Wiedererkennungswert erhält der Groove durch die Spielweise der 1-taktigen Achtelfigur als Lauf auf der Gitarre: 1-Und-2-Und-3-Und-4-Und. Auf der Zählzeit 4-Und „sitzt“ dann ein Gitarren-Akzent (von unten nach oben gespielt = Upstroke-Akzent), der in den nachfolgenden Takt hineintreibt.

Audio Gitarre Basis-Groove Nadine
Das Schlagzeug – Der „Million-Dollar-Beat“

Wie bereits beschrieben: Nicht einmal ein Anflug von Swing ist zu hören. Das war 1964 noch etwas relativ Neues. Es ist der „Ur-Million-Dollar-Rock-Beat“. Tausende erfolgreiche Songs sollten folgen, denen dieser schlichte 4/4-Drum-Beat mit seinen Achtel-Schlägen auf der Hi-Hat zu Grunde liegt. So auch in dem Song Billy Jean von Michael Jackson.

Das Schlagzeug beschränkt sich auf das Allerwesentlichste. Im Notenbild sieht das dann auch völlig unspektakulär aus.

4/4 Takt mit Achteln auf der Hi-Hat, Bassdrum auf 1 und 3 und die Snare auf 2 und 4. Wer hat das nicht im Schlagzeugunterricht als erste Übung gespielt?
R&B Variante

Chuck Berry hatte keine eigene Band. Flog er zu einem Konzert nach Paris, dann begleiteten ihn eben Musiker der Pariser Szene. Über die vielen Jahre sind zahlreiche Live-Aufnahmen mit „fremden“ Schlagzeugern entstanden. Einige von ihnen spielten Nadine ein wenig mehr im Stile des frühen R&B. Diese Spielweise zeigt die nachfolgende Notation.

Die Abwandlung hat einen kaum wahrnehmbaren nicht ständig gespielten Akzent auf der Zeit 4-Und synchron zur Gitarre. Die Hi-Hat wird nicht (!) mit dem Fuss hart geschlossen, so dass sie für etwas klangliche Bewegung sorgt. Die Bassdrum wird „old·school“ leise auf den Vierteln durchgespielt.

Audio Schlagzeug mit Gitarre: „gerade Achtel“ ohne Akzente bei lose geschlossener Hi-Hat und leiser Bassdrum auf allen Vierteln

Etwas druckvoller wird die Zeit 4-Und, wenn sie zusätzlich (leise) auf der Bassdrum gespielt wird. Aber Vorsicht: Weniger ist hier mehr!

Probiert man das einmal aus und konzentriert sich auf die 4-Und, ist die Wirkung verblüffend. Ist man im Fluss mit einer Band und verzichtet auf jedes „Mätzchen“, wünscht man sich, dass der Song nicht schon nach zweieinhalb Minuten in die Zielgrade gelangt.

Der Drummer Odie Payne

Odie Payne entwickelte den berühmten Double-Shuffle, der später von Fred Below und Sam Lay mit großer Wirkung verwendet wurde. Payne nahm für Chess auf, darunter eine Reihe klassischer Chuck-Berry-Songs wie Nadine und No Particular Place to Go. Er nahm mit den meisten großen Chicagoer Blueskünstlern auf: Otis Rush, Sonny Boy Williamson II, Muddy Waters, Jimmy Rogers, Eddie Taylor, Magic Sam, Yank Rachell, Sleepy John Estes, Little Brother Montgomery, Memphis Minnie und vielen anderen.“ (2)

Odie Payne, 1978; Foto: Lionel Decoster

Ich wünsche viel Freude mit dem Üben, Ausprobieren und Abwandeln dieses wunderbaren „gerade Achtel Songs“ der frühen 60er Jahre.

Christian W. Eggers – 14. Januar 2023 – christian@stompology.org (letzte Aktualisierung dieses Artikels am 16. Januar 2022)

Literatur und Links

  1. „Nachruf auf Chuck Berry – Outlaw wider Willen“ – Der Spiegel
  2. Kurzbiografie Odie Payne; earwigmusic.com „Odie Payne„, aus dem Englischen übersetzt
  3. Link zur Originalaufnahme „Nadine“, CHESS Recording, 1964: YouTube

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